Reisebericht Leipzig 2 – Ein Spaziergang durch die Altstadt
Im letzten Beitrag widmete ich mich ganz der Anreise mit dem Flugzeug nach Leipzig – in diesem Eintrag soll es defintiv um die Stadt selbst gehen. Ich habe mir deswegen fest vorgenommen, den Bericht so eisenfrei wie möglich zu halten.
Fangen wir deswegen gleich an und stürzen uns die Innenstadt von Leipzig. Wie kommen wir dort am besten hin? Genau: Mit der S-Bahn vom Flughafen für weniger als 5€. Sehr angenehme Tarife.
Seit kurzem fährt man mit den Nahverkehrszügen der Mitteldeutschen S-Bahn nicht mehr in den Kopfbahnhof sondern in einen unterirdischen Tiefbahnhof ein. Der neugebaute Citytunnel führt nun einmal unter der Altstadt hindurch und verkürzt die Reisezeiten in Nord-Süd-Richtung deutlich. Dennoch ist der nicht der Tunnel, sondern der Hauptbahnhof ein Wahrzeichen von Leipzig.
Flächenmäßig handelt es sich beim Hauptbahnhof Leipzig um den größten Bahnhof von Europa. Auch die Länge der Fassade in Richtung Innenstadt kann sich sehen lassen: Die symmetrische Front weist eine Länge von fast 300 Metern auf.
Auf dem oberen Bild ist bereits die nächste Sehenswürdigkeit der Stadt zu erkennen: Das Wintergartenhochhaus. Gebaut wurde es von 1970 bis 1972 als Prestigeprojekt. Ursprünglich waren sogar zwei weitere Häuser in gleicher Bauweise geplant, die leider nicht realisiert wurden. Noch immer zählt es zu den höchsten Wohngebäuden Deutschlands und würde mir persönlich super gefallen: Bei Wohnungspreisen von 450€ + Nebenkosten für eine 75m² Wohnung im Turm bekommt man als Münchner sehr schnell Tränen in den Augen.
Ein weiteres historisches Sight mit fragwürdiger Vergangenheit ist die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Hier befand sich der Sitz der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, kurz StaSi, in dem so allerhand getan wurde, um möglichst viele Details über seine Mitmenschen zu sammeln. Selbst austauschbare Sitzpolster soll es gegeben haben, um Geruchsproben für Spürhunde zu sammeln. Bei aller Niedertracht bin ich bereits sehr gespannt, wann in Zukunft das erste NSA-Museum eröffnet.
Ansonsten wurde ich in Leipzig wirklich sehr positiv von der Architektur überrascht. Gerade im Kern der Innenstadt präsentieren sich die Stadthäuser in herrlichem Zustand. Leider erspäht man trotzdem dazwischen immer wieder leerstehende Abbruchhäuser und eingestürzte und abgebrannte Dächer. Anscheinend gibt es vor Ort noch immer Probleme, die wahren Eigentümer bzw. deren Nachfahren zu finden.
Nun aber genug der Sehenswürdigkeiten am äußeren Rand der Altstadt. Nichts wie hinein in den verkehrsberuhigten Bereich der Innenstadt.
In der Innenstadt von Leipzig spazierte ich zuerst zum Markt. Dieser Platz trug von 1950 bis 1954 den Namen Platz des Friedens und gilt noch heute als Mittelpunkt von Leipzig.
An seiner Ostseite befindet sich das älteste Gebäude des Platzes, das Alte Rathaus aus dem Jahr 1556. Dahinter befindet sich auch der berühmte Naschmarkt.
Überschätztes Barfußgässchen in Leipzig
In vielen Reiseführern las ich Tip, mich für das echte Leipzig-Gefühl zum Barfußgässchen zu begeben. Ganz ehrlich? Tourinepp von Feinsten!
Restaurants in vermeintlicher Bestlage tun ihr bestes um eine kleine Innenstadtgasse mit Tischen, Stühlen und Schirmen zu verstellen und bieten ihre Speisen zu völlig überzogenen Preisen an. Gegen diese Atmosphäre wirkt selbst eine Dönerbude am Münchner Hauptbahnhof einladender.
Nicht einmal meine Kamera konnte der Szenerie etwas abgewinnen und servierte mir stattdessen ein gelbstichiges Foto mit ausgebrannten Himmel. Wir beiden scheinen den gleichen Geschmack zu haben.
Auch ein wenig Dekadenz darf in Leipzig nicht fehlen. So besitzt die Deutsche Bank nicht irgendeine Filiale, sondern suchte sich bewusst ein stilechtes Stadthaus aus. Wer genau hinschaut, erkennt sogar eines gelbes Stretchlimousinen-Taxi mit schwarzer Stoßstange am rechten Straßenrand.
Aber zurück zu den sehenswerten Kulturgütern der Stadt Leipzig. Wunderschön präsentierte sich das Neue Rathaus, das auf den Fundamenten der Pleißenburg bis 1905 gebaut wurde. Mit einer Grundfläche von ca. 10.000 m² und etwas weniger als 600 Räumen gehört es heute zu den größten Rathausbauten der Welt.
Ein weiterer Blickfang ist das Opernhaus von Leipzig am Augustusplatz. Dieser Platz wechselte im Laufe der Jahre mehrmals seinen Namen: Bei der Planung 1821 trug er den Namen Platz vor dem Grimmaischen Thor, wurde aber bereits 1839 in Augustusplatz umbenannt. 1928 änderte die sozialdemokratische Regierung den Namen in Karl-Marx-Platz, 1933 benannten ihn die Nazis wieder zurück in Augustusplatz. Nach der Teilung Deutschland, taufte die DDR den Platz wieder Karl-Marx-Platz um, nur damit der Platz 1990 am Tag der Wiedervereinigung wieder in Augustusplatz umbenannt werden konnte. Ganz großes Kino.
Direkt gegenüber der Oper befindet sich das Gewandhaus. Die Konzerthalle ist auch die Heimat des Gewandhausorchesters und wurde 1977 erbaut.
Ein weiteres modernes Gebäude an dieser Stelle ist das City-Hochhaus Leipzig, das ebenfalls am Augustplatz steht. Ursprünglich befand sich die Universität von Leipzig in diesem Gebäude. Heute ist dies leider nicht mehr so, da der Turm von der Landesregierung verkauft wurde und mittlerweile einer US-Investmentbank gehört.
Von den Einheimischen wird er auch gerne Uniriese oder wegen seiner Bauform Weisheitszahn genannt.
Dies waren meine Eindrücke von Leipzig. Im nächsten Reisebericht lasse ich es mir nicht nehmen, die Aussichtsterrasse des Uniriesen zu besteigen und vom 31. Stock einen letzten Blick auf Leipzig zu werfen, bevor es dann wieder zurück nach München geht.
Kannst du mal ein Tutorial über so gut gelungene Gegenlichtfotos machen? :-)
Vermute mal, dass du die in RAW schießt, ansonsten wäre das wohl kaum noch so gut möglich oder?
@Jan: Hehe, du sagst “gelungene Gegenlichtfotos” – vor Ort habe ich geflucht wie ein Rohrspatz. Das Licht kann man sich leider nie so wirklich aussuchen, aber ich kann dir sagen: In diesem Bild steckt wirklich einiges an Nachbearbeitung, bis es einigermaßen herzeigbar war. RAW ist sowieso Pflicht und den Rest hat Lightroom erledigt.
LG Phil
Ohja das glaube ich dir! Ich versuche meine Städtetrips auch weitesgehend zu planen und bereite mich mit einer Karte und den notierten Lichtzeiten der wichtigsten Sights vor, sodass wenigstens die Highlights alle im besten Licht sind, aber manchmal gehts halt nicht….
Da kann man echt nur sagen, Hut ab. das City-Hochhaus oder das Neue Rathaus sind echt gut gelungen. Ich würde soagr so weit gehen und sagen, dass das Gegenlicht hier auch positiv wirkt. Da hat sich die Nacharbeit gelohnt.
@Jan: Du hast absolut Recht! Manchmal kommt man erst durch ein vermeintlich “schlechtes” Fotos in Lage wirklich sehr viel Arbeit in ein Foto stecken zu müssen. Genau aus dieser Situation heraus entstehen aber manchmal die noch viel genialeren Bildern.
Du hast aber völlig Recht: City-Rathaus und Weißheitszahn waren die größten Herausforderungen.
LG und dir ein schönes WE!
Hi Phil,
ich folge deinem Blog schon länger und freue mich sehr, dass nun endlich auch mal eine ostdeutsche Stadt in deinen Fokus gerückt ist.
Kompliment zum Foto vom Augustusplatz mit Blick auf den Weisheitszahn. Wenn man den Platz kennt, weiß man wieviel Zeit du in die Retusche bezüglich der Straßenbahnoberleitungen gesteckt haben musst. Schön und vor allem vollständig wäre es aber gewesen, wenn du noch ein paar Worte zum Neuen Augusteum und der Geschichte des Stadtortes (Sprengung Paulinerkirche) geschrieben hättest. Dies nur als klitzekleine Anmerkung meinerseits….
Im Ürbigen gefällt mir dein Blog – natürlich auch der von Conny – sehr gut und ich freue mich immer wieder über eure Berichte. :-)
Viele Grüße
Katja
@Katja: Danke für dein Lob! Da werde ich mich gleich mal in die von dir angesprochene Thematik einlesen. Ein weitere Bericht zur Heimfahrt aus Leipzig gibt es ja noch. Mal schaun, ob ich dort noch ein wenig recherchieren kann. Auch ich lerne nie aus.
LG Phil
Hallo Phil,
Mir gefällt dein Reisebericht mehr als gut. Besonders die Bilder die du geschossen hast sind unglaublich gelungen, das Bild von dem Neuem Augusteum hat es mir wirklich angetan. Ich als Leipzigerin finde es immer wieder spannend zu lesen wie andere die Stadt mit ihren Augen sehen. Auf jeden Fall gespannt bin ich auf deinen nächsten Bericht, hoffe der Ausblick gefällt dir da oben. Meine liebste Zeit um dort oben Fotos zu knipsen ist wenn es dämmert und das letzte Licht langsam schwindet – meiner Meinung einfach magisch, besonders im Sommer.
Liebe Grüße und dir noch einen schönen Aufenthalt,
Tonia
@Tonia: Ich kann wirklich nur positives über deine Heimatstadt berichten. Genau wie du fotografiere ich natürlich gerne immer bei schönem Licht bzw. im richtigen Moment. Aber gerade bei Business-Trips kann man sich das oft nicht aussuchen. Deswegen sind da auch ein paar Gegenlichtaufnahmen dabei.
LG Phil
Hi Phil, gelungene Fotos, gratuliere und viele Infos, … muss doch mal wieder nach Leipzig fahren, viele Grüße von Robert
@Robert: Ein Lob von dir hört man immer gerne. Auch ich war echt sehr positiv überrascht. Ich sollte öfters mal im eigenen Land verreisen.
LG Phil
Da die Innenstadt recht klein ist und die meißten sehens- und erlebniswerten Ecken außerhalb des Stadtringes sind wirst du leider das “richtige” Flair von Leipzig nicht entdecken können.
Was Leipzig ausmacht findest du nicht innerhalb der verkehrsberuhigten Zone – aber das hast ja schon gemerkt (Barfußgäßchen).
Gibt’s auch bald noch etwas zum Süden, Westen und Osten der Stadt hier zu lesen?
@le.x: Du hast absolut Recht. Um eine Stadt wie Leipzig richtig zu erfahren müsste man eigentlich viel länger vor Ort. Leider war ich geschäftlich unterwegs, weswegen ich nur einen kleinen Eindruck von Leipzig posten werde. Aber ein Bericht kommt definitiv noch.
LG Phil
Sehr schöner Bericht! In Leipzig gibt es noch so viel zu entdecken, auch außerhalb der Innenstadt…
Keine Frage: Ich war sicher nicht das letzte Mal in Leipzig!
LG Phil