Reisebericht Ungarn Tag 4 – Heldenplatz, Széchenyi-Heilbad, auf dem Dach der St.-Stephans-Basilika & Offroad-Tour am Hungaroring
Der allerletzte Tag in Budapest war angebrochen und tatsächlich fehlten mir noch ein paar Sights auf meiner Muss-ich-sehen-Liste. Bereits am Vortag hatten wir versucht auf eigene Faust zum berühmten Heldenplatz zu kommen. Allerdings vergebens: Die Stadt ist doch etwas größer als wir dachten und die zur Verfügung stehende Zeit hätte einen olympiaverdächtigen Sprint nötig gemacht. Aber kein Problem: Eine schnelle Anfrage an unsere beiden Guides und schon wurde der Busfahrer instruiert eine kleine Extra-Runde um den Platz zu drehen.
Das Millenniumsdenkmal, dass sich auf dem Heldenplatz befindet wurde 1896 anlässlich der Budapester Milleniumsausstellung errichtet, um das 1000-jährige Jubiläum der Landnahme der Ungaren zu feiern. Immer wieder wurden hier seitdem wichtige Ereignisse „gefeiert“. Zum Beispiel zertrümmerte man hier 1918 das Bildnis von Kaiser Franz Joseph um endgültig den Bruch mit dem Habsburger Regime zu demonstrieren.
Ganz in der Nähe befindet sich noch ein weiteres berühmte Thermalbad, dessen Architektur auch eher an einen Staatspalast als an ein Spaßbad erinnert. Das Bild dürftet ihr schon kennen. Für alle, die es zum ersten Mal sehen: Zwei Stunden Photoshop mussten investiert werden, bis dieses Photo so aussah. Hätte der Busfahrer einfach mal gebremst und mich fünf Minuten knipsen lassen – mir wäre viel Arbeit erspart geblieben.
Man sagt, dass Täter immer wieder zum Ort des Verbrechens zurückkehren. Anscheinend gilt das auch für Opfer, denn ein zweiter Besuch bei der St.-Stephans-Basilika. Ja, genau der Ort, an dem ich mich mit meinem Segway auf die Schnauze gepackt hatte. Dieses Mal gab man mir aber kein Fortbewegungsmittel in die Hand und selbst im Aufzug, der mich auf die Kuppel der Kirche brachte wurde ich vorbildlich eskortiert.
Wow! Ich bin generell ein großer von Freund von erhöhten Fotopositionen, aber dieser Überblick machte selbst mich sprachlos. Leider ist von hier die Donau nicht so gut zu erkennen, wie vom Plateau der Matthiaskirche auf der anderen Seite, so dass ich Erst-Besuchern eher zu diesem Überblick raten würde.
Dafür ist von dieser Position die Pest-Seite besser überblickbar. Gut zu erkennen ist das mit 65 Metern Höhe größte mobile Riesenrad Europas. Vom 08. bis zum 21. Juni wurde es anlässlich des Erzsébet in Betrieb genommen und wird danach auf den Platz des Sziget Festiváls verfrachtet.
Aus meiner Sicht ist Budapest eine unglaublich junge und offene Stadt, in der man die Spuren der „alten“ und sowjetischen Zeit wirklich mit der Lupe suchen muss. Eine davon ist das Ehrenmal, dass in direkter Nähe zur amerikanischen Botschaft liegt.
Besonders beliebt scheint das Denkmal nicht zu sein. Ein dicker Zaun versperrt den direkten Zugang und soll es angeblich vor Vandalismus schützen.
Auch bei automobilem Kulturgut bin ich zu meiner großen Enttäuschung erst am Ende fündig geworden. Dieser antike Skoda mit Heckmotor war mit seiner weißen Lackierung aus selbstgerollter Wandfarbe das einzige Relikt, dass ich auf der Straße finden konnte. Schade!
Aber beim Thema Auto können wir doch gleich bleiben. Die erste Berühung mit dem Land Ungarn hatte ich neben den Sissi-Filmen immer bei jährlichen Formel-1 Grand-Prix am Hungaroring. Und genau dort uns unsere letzte Etappe führen.
Der Beginn der Formel-1 Rennen am Hungaroring im Jahr 1986 stellte ein absolutes Novum dar: Zum ersten Mal fand ein Großer Preis während des Kalten Krieges in einem kommunistischen Land statt. Mittlerweile zählt der Kurs zum festen Inventar und soll noch bis mindestens 2016 im Programm bleiben.
Der Circuit war an diesem Tag für Motorradfahrer freigegeben. Für den ein oder anderen sicher eine nette Herausforderung, aber meine Affinität gilt jedoch den vierrädrig betriebenen Fahrzeugen. Und da darf’s auch gerne mal ein bisschen heftiger zur Sache gehen. Ab auf die Pisten links und rechts neben asphaltieren Strecken.
Die Zeit war reif für eine große Offroad-Action, die hier dem zahlenden Kunden als Fun- bzw. Teambuilding-Veranstaltung angeboten wird. Zu meiner großen Enttäuschung wurde unserem Team nicht der grüne Toyota zugeteilt, sondern ein Neuwagen-Plastikmonster mit dem formschönen Namen Amarok aus dem Hause Volkswagen.
Naaaajaaa. Zwar vermitteln die extrem hoch ausgeschnittenen Kotflügeln eine gewisse Geländetauglichkeit. Wenn ihr aber mal die Schwellerhöhe bzw. die Unterkante der Frontstoßstange betrachtet, könnt ihr verstehen, weswegen ich diesem Schönwetter-Gefährt nur eine bedingte Stock-und-Stein-Überlebenschance attestierte.
Soviel sei verraten: Teile des Plastiks haben den Parcours erwartungsgemäß nicht überlebt.
Da meine Beine noch vom Vortag ziemlich ramponiert waren, übernahm ich die Navigation während Ingo das Pilotieren unseres behäbigen Geschosses übernahm. Begleitet von mehr oder weniger kniffeligen Spielchen ging es zuerst auf eine Etappe durch den Wald, bevor der Wagen über den Hindernisparcours geprügelt wurde.
Da beim Durch- bzw. Überfahren der Hindernisse meine navigatorischen Fähigkeiten nicht unbedingt gebraucht wurden, könnte ich mich ganz auf’s Fotografieren konzentrieren. Ingo machte seine Arbeit exzellent und bewältigte die Strecke absolut souverän.
Nun wurde es Zeit für mein absolutes Highlight: Das Blind-Driving. Die Kriterien dürften den meisten schon das kalte Grauen in den Nacken zaubern: Der absolute blinde Fahrer wird nur per Kommandos des Navigator durch einen Parcours aus Pylonen-Hütchen gelenkt. Dabei darf der Navigator jedoch nicht außerhalb des Wagens stehen und muss zusätzlich eine Taucherbrille tragen, die das Sichtfeld stark verzerrt.
Hier zählt vor allem Vertrauen, gute Kommunikation und vor allem ein wenig Akrobatik.
Durch meine Sitzposition auf dem Fensterrahmen der Beifahrerseite gelang es mir sowohl den Einschlag des Vorreifen sowie das jeweils rechte VLC-Hütchen im Blick zu halten, während die Kommunikation ständig möglich war.
Ohne auch nur ein einziges Hütchen zu berühren absolvierten wir den Kurs in Bestzeit.
Hätten wir vorher gewusst, dass das zweite Team einfach mit Vollkaracho und verwirrt gemurmelten Pseudo-Kommandos alle Pylonen im Blindflug über den Haufen mähte, hätten wir es auch mit weniger Perfektionismus angehen lassen können.
Aber mei …
Bei den letzten Etappen wurde der Schwerpunkt dann leider wieder weg vom fahrerischen Können auf kniffelige Spiele verlagert. So wurde zum Beispiel das Angeln einer Wasserflasche aus einem abgesperrten Bereich Dank ausgeklügelter Ingenieurskunst binnen weniger Minuten ermöglicht.
Und beim Drehen eines Teppichs, der zu unseren Füßen lag, kam Hubert steil aus der Sonne und ließ auch diese Aufgabe zum Kinderspiel werden. Das Foto von unseren Versuchen möchte ich euch dennoch nicht enthalten.
Kurzum, ihr merkt es an meinen Emotionen: Der Offroad-Nachmittag war für mich ein absolutes Highlight, auch wenn ich mir noch ein wenig mehr fahrerische Herausforderung gewünscht hätte. Gerade im Gelände hätte ich das Auto gerne mehr gequält, um zum Beispiel seine Klettereigenschaften oder seine Watfähigkeit zu testen. Bisher erschien mir nämlich der Amarok als viel zu tief und zu wenig agil.
Ganz im Gegensatz zu meinem nächsten Gefährt:
Ja, ihr habt richtig gesehen: Mein Heimflug stand bereits auf dem Programm. Wieder sollte mich die Lufthansa mit einer Embraer nach München bringen.
Über die Architektur des Flughafens lässt sich nur positives berichten: Ein unglaublich hoher und lichtdurchfluteter Airside-Bereich lässt wirklich keine Wünsche offen. Durch das kostenlos vorhandene WLAN kletterte der Airport in meinem persönlichen Ranking gleich noch mehr nach oben. Auch wenn dieses zwangsläufige Durchschleusen der Fluggäste durch den Duty-Free Bereich mittlerweile echt nervt. Diese Praktik nimmt in letzter Zeit wirklich an Flughäfen überhand. Da lobe ich mir doch die kleinen Feld-und-Wald-Wiesen-Flugzeug-Bushaltestellen.
Durch einen minimalen Stau in der Abflugreihenfolge schaffte es meine Embraer sogar, den Flieger von Nicole und Nina nach Frankfurt zu überholen.
Einmal kurz winken: Am linken hinteren Bildrand sieht man den auf Platz 2 zurückgefallenen Airbus der Ladys.
Der Rückflug verlief absolut ruhig mit einem grandiosen Blick auf eine wirklich verdammt fiese Wetterkonstellation. Hat jemand daheim zufällig einen Wetterfrosch, der mir dieses Phänomen erklären kann? Und ja, ich meine die trapezförmige Wolke und nicht die verdammt dreckigen Fenster unseres Flugzeug.
Während ich dann noch eine schier endlose Ewigkeit auf mein Gepäck in München wartete, begann ich schon einmal auf meinem Fazit dieser Reise herum zu denken.
Fazit: Budapest ist definitiv eine Stadt, die man voll und ganz weiterempfehlen kann. Schon im Frühjahr 2013 hatte es ein günstiger Kurztrip in die Planungsphase geschafft, der dann aber doch dem Sardinien-Urlaub zum Opfer gefallen war. Ein Glück könnte ich diesen Trip jetzt nachholen. Die Stadt hat ein wahnsinnig pulsierendes Nachtleben, welches man direkt im Anschluss an eine ausladende Sightseeingtour ausprobieren kann. Nachmachen wärmstens empfohlen!
Der Plattensee hinterlässt ebenfalls ein sehr positives Gefühl.
Die Temperatur und die Farbe des Wassers, sowieso die wunderbare Segeltour lassen selbst eine Karibik neidvoll erblassen. Einzig die Infrastruktur vor Ort könnte eine Frischzellenkur vertragen: Die Mischung aus Retorten-Attraktionen, nicht-öffentlichen Stränden mit Eintrittskartenverkauf und in die Jahre gekommenen Hotels wirkt nicht mehr zeitgemäß für das 21. Jahrhundert.
Die Attraktivität einer Region ausschließlich über längst vergangenen Emotionen der Stammgäste und einen billigen Preis zu regeln kann zwar funktionieren, birgt aber gewisse Risiken.
Aus Sicht eines Schnäppchen-Reiseblogger kann man aber gerade durch diesen Sachverhalt selbst kurzfristig unglaublich gute Angebote erhaschen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Linearmotor
Ähm, wieso ist da nur der Link angekommen? Habe doch noch einen Text dazu geschrieben.
@maTTes: Krass, komisch. Bei mir steht nur der Link vom Wikipedia-Linearmotor. Ist das was beim Senden abgeschnitten worden? Kein Plan, was mein WordPress da gemacht hat …
LG Phil
Ungarn, Budapest der Plattensee sehr schön, das macht Geschmack auf mehr. Dein Bericht ist mal wieder sehr unterhaltend und informativ. Die tollen Bilder runden Deine Eindrücke großartig ab. Wie das Angeln einer Wasserflasche aus einem abgesperrten Bereich mit ausgeklügelter Ingenieurskunst korreliert, hätte ich doch gerne etwas genauer gewusst. Mit der Taucherbrille auf dem Seitenfenster hat auch was. Beim Blind-Driving dachte ich schon es wäre über die Holzbalkenbrücke gegangen, Gott sei Dank nicht. Habt ihr diese mit dem Auto überquert? Herzlichen Dank und weiter so.
Also wirklich, Mr. Bond. Als ob dir Bildbearbeitung keinen Spaß machen würde. ;-)
“kam Hubert steil aus der Sonne”, ich lach mich kaputt :-) was für eine grandiose Bildbeschreibung.:-)
tja, Phil, was soll ich sagen, ihr hattet die Nase vorn, ok. Dass ihr es geschafft habt, alle Aufgaben fehlerfrei zu bewältigen, während wir lustige Runden um die Hütchen und zwischen durch und vor allem drüber fuhren und dabei auch noch schneller ward und dass du es dann auch noch geschafft hast, das alles bildlich festzuhalten, tja, du bist halt ein Käpsele, wie die Schwaben sagen. :-) das nächste Mal sehen wir uns auf dem Pferd wieder!
@Nicole: Jetzt musste ich doch gleich mal das Wort “Käpsele” nachschlagen. Die Erklärung der Wikipedia: “schnelle Auffassungsgabe, ist sehr intelligent, gewitzt”. Danke dir!
Uff… jetzt muss ich mir nur noch die passende Ausrede für deine Pferde-Idee überlegen. Und dich außerdem davon abhalten, das der Bedeutung meines Vornamens zu googlen. :D
LG Phil
@Phil: ich wollte dazu sagen:
War das LSM ein Marketinggag bzgl. Beschleunigung des PKWs? ;-)
@maTTes: Ach jetzt versteh ich den Link zur Wikipedia! :D
Vielleicht war das Kennzeichen ja wirklich eine Anspielung, wobei die Beschleunigung im Nachhinein gar nicht so gravierend schlecht war. Es waren eher diese riesigen Überhänge, die das Teil echt nicht Geländetauglich gemacht hatten.
LG Phil
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Einfach nur geile Bilder und ein genialer Bericht die ungarische Hauptstadt betreffend!!
Freu mich schon auf meinen nächsten Besuch….
@Markus: Das Lob geht runter wie Öl! Vielen Dank dir.
LG Phil