Der Urlaubsfoto-Doktor bei der Arbeit – Széchenyi-Heilbad in Budapest
Habe ich euch eigentlich schon einmal erzählt, wie wichtig für mich gute Fotos sind?
Ok, wahrscheinlich schon tausend Mal, aber ich steh’ dazu. Wenn es um ein Foto von einem berühmte Gebäude geht, stecke ich da wirklich verdammt viel Arbeit hinein und plane sogar manchmal Pi-mal-Daumen zu welcher Uhrzeit ich vor Ort sein muss, um die perfekte Ausleuchtung zu bekommen. Verdammter Perfektionismus…
Aber ich kann mich einfach nicht mit einem solchen Foto zufrieden geben:
Baum vorm Motiv, Gebäude schief & Auto im Bild – Wie konnte das denn nur passieren?
Ein gutes Foto braucht seine Zeit und manchmal muss man einfach auch mit verschiedenen Objektiven, Brennweiten und Positionen experimentieren. Es gibt allerdings auch Situationen in denen man keine Chancen hat. So zum Beispiel, wenn man in einem Reisebus sitzt, der in wahnsinniger Geschwindigkeit an einem Sight vorbei donnert während der Guide gebetsmühlenartig Jahreszahlen und Fakten ins Mikro brüllt. In diesem Fall passierten wir gerade das Széchenyi-Heilbad (Széchenyi gyógyfürdő), das größte Thermalbad seiner Art in Europa.
Hier könnte ein beherztes Betätigen der Notbremse unseres Gefährts durchaus helfen, allerdings könnte mich dies im Nachhinein in akute Erklärungsnot bringen. Also lassen wir das lieber.
Der Bus raste, ich erreichte mit Müh’ und Not eine saubere Fensterscheibe auf der anderen Seite und hatte keine Zeit mich mit dem Motiv vertraut zu machen. Hier schaffte nur die Regel “Viel hilft viel” Abhilfe. Ich schaltete meine Kamera in den schnellen Serienbildmodus und knipste was das Zeug hielt. Viel Zeit blieb nicht – danach konnte ich hoffen: Hoffentlich waren ein paar gute Fotos dabei.
Und tatsächlich. Die maximale Serienbildgeschwindigkeit von 5,3 Bilder pro Sekunde meiner 60D hatte ausgereicht um zwei fast rettbare Fotos frontal zu schießen. Hier sind die beiden Bilder schon entstürzt und bearbeitet.
Auch wenn das Gebäude auf diesen Foto echt eine gute Figur macht, habt ihr das Dilemma sicher schon gesehen: Auf beiden Fotos habe ich Teile eines Autos im Vordergrund und eine verdammt hässliche Laterne stört das Bild. Doch ich habe riesiges Glück: Bedingt durch die schnelle Fahrt des Busfahrers verschob sich zwischen den Fotos leicht die Perspektive.
Legen wir die Fotos doch einmal übereinander:
Ok, das sieht jetzt eher nach einer misslungenen 3D-Aufnahme aus, die nur grässliche Kopfschmerzen verursacht. Überlagern wir die Bilder doch nun so, dass der mittlere Teil des Gebäudes jeweils zentriert ist.
In diesem Foto wird sofort ersichtlich, dass sich sowohl die Straßenlaterne (durch die Perspektivenänderung) und das Auto (durch seinen eigenen Antrieb) schön verschoben haben. Die jeweils auf dem einen Foto abgedeckten Bereiche sind im anderen Foto fast vollständig vorhanden.
Solche Voraussetzungen werden mir das Retuschieren deutlich erleichtern.
Also ab mit den Bildern in GIMP und her mit dem Clone Brush. Voilà:
Fazit: Hätte dieser verdammte Bus nur fünf Minuten angehalten hätte ich mir rund zwei Stunden Nachbearbeitung sparen können. Andererseits wäre es dann auch irgendwie langweilig gewesen, und ich hätte euch niemals zeigen können, wie man mit dem komplett kostenlosen Photoshop-Ersatz GIMP Urlaubsbilder retten kann.
Deswegen: Aus fast jedem Foto kann man noch etwas rausholen.
Echt toll hinbekommen, ich glaub dafür bin ich zu inkompetent :-)
Wann geht es wohin das nächste Mal? Bitte mit Ratespiel ;-)
@maTTes: Bei den nächsten Reisen bin ich schon in der akuten Planungsphase. Aber definitiv werde ich erstmal auf den Sommer in Bayern hoffen. Schließlich sind das ja echt mit den schönsten Tage hierzulande. Wenn ich jetzt an den Herbst/Winter/Frühling denke, muss ich mir aber definitiv ein paar schöne Sonnenziele überlegen.
Aber deinem Wunsch nach einem Ratespiel werde ich doch gerne nachkommen!
LG Phil
Cool! wo kann ich das GIMP herbekommen? Mein Bild von dem Motiv ist leider auch nichts geworden, kann ich wegschmeißen. Bilderbearbeitung dauert bei mir auch immer doppelt so lang als schreiben, dass sollte mal honoriert werden! Lg
@Nicole: GIMP kannst du unter http://www.gimp.org downloaden. Aber vorsicht: GIMP ist fast genau so umfangreich wie Photoshop, also solltest du dir vorher ein paar Tutorial-Videos bei YouTube anschauen.
Hi Phil,
da Du das so gut kannst, gebe ich Dir demnächst meine misslungenen Bilder und Du machst dann aus der Sch…. Gold :-D
ok, manchmal muss man einfach zugeben, dass man in einer anderen Klasse spielt. Hilft ja nix. Ich kann nur brillant sagen. Wen Du das Bild von dem Széchenyi-Heilbad bei Wikipedia einstellst, wird man Dich fragen, wo verdammt die Laterne geblieben ist :-)).
@Ingo: Vielen Dank dir! Aber ich muss aber auch auf Holz klopfen. Ohne das passende Ausgangsmaterial hätte ich keine Chance gehabt.
@Dad: Mir ist auch gerade aufgefallen, dass es in der Wikipedia tendentiell schlechtere Fotos davon gibt. Ich glaube aber, dass die Laterne niemand vermissen würde.
LG Phil
Hast du super hinbekommen, lieber Phil. Aber ich werde wohl trotzdem kein Freund von Gimp werden und vermutlich auch selten die Zeit finden ein Bild zwei Stunden nachzuarbeiten. Obwohl ich auch gern mal bisschen rumpixel …
LG Christina
@Christina: Ja, zwei Stunden für ein Foto sind ne Menge Holz. Soviel Energie kann ich auch nicht in jedes Bild stecken. Deswegen mache ich so etwas hauptsächlich für gute Motive. Ein anderes Beispiel war der Spiegelsaal in Versailles. Da habe ich mit der gleichen Methode und vier Fotos jede Menge Leute rausklonen können.
Deine Bilder sehen aber auch ziemlich gut aus. Ich hätte gedacht, dass du auch manchmal die Photoshop-Keule schwingst.
LG phil
Du hast ZWEI STUNDEN an diesem Foto gedoktert? Wie krass! Das Ergebnis ist cool, allerdings – um ehrlich zu sein – ist es schwer zu vertreten, dass am Ende auch die Laterne einfach weg ist, was schlicht nicht stimmt. :D
Mir wären zwei Stunden für ein Foto auch zu zeitaufwändig, ich verstehe aber, dass man das machen MUSS wenn einen der Ehrgeiz packt. ;-)
@Heike: Ja *knirsch* zwei Stunden können lange sein. Aber ich musste dieses Foto einfach haben. Schon alleine weil ich nicht zulassen konnte, dass der Busfahrer mir mein Bild versaut hatte. *grrr*
Das mit der Laterne darfst du nicht so eng sehen. Ein paar Schritte weiter nach vorne und sie wäre aus dem Bild verschwunden. Zwar wäre es dann auch die Strasse aber mei.
Mittlerweile haben ja auch schon einige Städte begriffen, dass Laternen oder Stromleitungen das Stadtbild stören und fangen an z.B. fahrdrahtlose Trams zu bauen. Da habe ich mit meiner Klon-Action eher nur einen Trend bestätigt.
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Perfekte Erklärung und gut gemacht – aber 2 Stunden Arbeit… – hm…
Was mich jetzt viel intensiver beschäftigt ist, dass ich nun jedes Foto bei dir in Frage stelle – echt, geklont, auch drei Städten zusammenkopiert? :)
Spass beiseite – tolle Erklärung und schönes Foto – Grüße nun auch aus München
@Vanessa: Aber klar nehme ich gerne deine Wünsche an! Wie wärs mit einem Outfitshooting in London direkt auf der Golden Gate Bridge und im Hintergrund der Eiffelturm? Alles überhaupt kein Problem ;)
LG Phil