Die ultimative Fahrrad Reparatur Story V – Und wieder ein Pinarello Fahrrad mehr auf der Straße
Heute wird ein letztes Mal der Schraubenschlüssel geschwungen. Die letzte Etappe der Fahrrad Reparatur Story geht online.
Nachdem unser rotes Fahrrad lange Zeit die härtesten Behandlungen wie Dremeln, Sägen und Schweißen ertragen musste, geht es heute an die finale Kosmetik. Denn neben dem einwandfreien Funktionieren soll die Optik auch zum zweiten Leben passen. Und momentan sieht das eher aus, als wäre der Rahmen im unteren Bereich abgebrannt.
Zuerst wurden die Stellen schön plan geschliffen um gute Übergänge zwischen Metall, der weißen Grundierung und dem noch vorhandenen roten Lack zu bekommen. Als nächstes ging es auf die Suche nach dem passenden Farbton. Leider stellte sich hier die Firma Pinarello als ausgesprochen unkooperativ dar. Mein Vater erhielt auf seine Mails überhaupt keine Antwort, öffentlich werden keine Lackcodes herausgegeben und selbst Händler müssen sich Lackstifte in Originalfarbe mühsam erbetteln. So sieht schlechter Kundenservice aus.
Wesentlich mehr Glück hatte ich da bei der Firma Stahlgruber. Als der Verkäufer erfuhr, dass ich tatsächlich gerade ein Fahrrad repariere und extra deswegen zu ihm kam, bat er mich gleich in sein Lager und ließ mich mit den Farbtafeln sämtlicher Automobilhersteller dieses Planeten alleine. Wenn ich die passende Farbe gefunden hätte, sollte ich ihm einfach Bescheid geben. Und tatsächlich fand ich eine Dose, die verdammt nahe an den originalen Farbton heran kam.
Eines vorweg: Ich kann extrem schlecht lackieren.
Schon immer wünschte ich mir, dass meine Sorgfalt irgendwann einmal mit perfekt glänzenden Oberflächen belohnt werden würde. Aber irgendwie will mir ein perfektes Finish nicht gelingen. Aber zu verlieren gibt es in diesem Fall recht wenig und so wurde nach dem finalen Anschliff das Fahrrad erst einmal gut verpackt und an der Decke festgebunden.
Es folgten dann 3-4 Schichten Lack, 24 Stunden Trockenzeit, ein weiteres Anschleifen mit 1000er Nassschleiffpapier und dann finale 2-3 Lackschichten. Hier ein Foto vom allerersten Gang, bei dem die Grundierung noch leicht durch scheint. Bitte nicht wundern: Das Blitzlicht hat die Farbe des noch nassen Lacks total verfälscht.
Nach dem letzten Beischleifen der Übergänge habe ich dann einmal einen neuen Trick probiert. Durch das leichte Anheben des Abklebebandes sollen die Übergänge weniger hart werden und leicht “ausnebeln”. Mal schaun, ob diese Taktik meine Lackierkünste retten kann.
Das finale Ergebnis sieht ihr hier nach dem letzten Gang mit 2000er Nasschleifpapier und dem ersten Poliergang. Das Beischleifen des Übergangs hat sehr gut funktioniert: Hier ist mit der Finger so gut wie nichts zu spüren. Bei der Farbe hingegen kann man den Übergang leider sehr deutlich sehen. Und dabei hätte ich schwören können, den richtigen Ton getroffen zu haben. Naja, kann man nichts machen.
Beim Zusammenbau wurde es dann noch einmal spannend: Passt das Tretlager oder hat der Verzug beim Schweißen das untere Rohr so verbogen, dass die Teile nicht mehr ineinander passen. Vorsichtig setzte ich das Patronenlager ein und schraubte die ersten Umdrehungen fast in Zeitlupe. Aber kein Grund zur Sorge, das Teil ließ sich butterweich verschrauben und sitzt wieder an seinem Platz als wäre nie etwas gewesen.
Mittlerweile war auch der Ersatz für die Sattelstütze eingetrudelt, der dank der noch gefunden Angabe des Durchmessers auf den zersägten Überresten auch wie die Faust auf’s Auge passte. Leider sagten mir die Firmen überhaupt nichts, so dass ich einfach zum fast identischen Teil von “Procraft” griff. Derjenige, der das Fahrrad gebaut hat wird schon wissen, was er damals verbaute. Und ein gefedertes Exemplar hat an einem Rennrad eh nichts zu suchen.
Zum Rest der Aktion gibt es fast nichts zu sagen, denn die Befestigung von handelsüblichen Teilen an vorgegebenen Montagepunkten ist in Anbetracht der Arbeit der letzten Tage schon fast trivial. Die größten Herausforderungen lagen hier eher beim Zusammenbau und Justieren der Schaltung. Diese seilzugbetriebenen Umwerfer sind aus meiner Sicht immer noch verdammt windige Teile – wobei der qualitative Unterschied zwischen diesen hochwertigen Deore LX-Teilen und der 0815-Grütze an meinem silbernen Fahrrad deutlich spürbar ist!
Zum Schluss durften natürlich unzählige Testfahrten nicht fehlen, bei denen nicht nur die einzelnen Gänge ausprobiert wurden. Vielmehr tastete ich mich auch langsam an die volle Belastung des Rahmens heran und wollte sehen, wie sich die Schweißnaht verhält. Bis jetzt ist die Stelle wirklich bombenfest – und so soll’s ja auch sein: Was bringt schließlich ein repariertes Rad, wenn es fortan mit Samthandschuhen angefasst werden muss?
Und hier ist mein Fazit:
Unabhängig vom Ergebnis der ganzen Aktion ist es absolut grandios, welches Wissen ich in kürzester Zeit über die Reparatur von Fahrrädern aufsaugen durfte. Konnte ich vorher mal gerade einen Reifen wechseln, ist mir nun das komplette Zerlegen und auch das Zusammenbauen eines Profi-Rades gelungen. Ebenfalls weiß ich nun aber auch ganz genau, wo die Grenzen eines normalen Werkzeugkoffers liegen und an welche Teile ich trotz meines bisher gekauften Spezialwerkzeugs nicht kommen würde. Man darf ja nicht vergessen, dass der Zweiradmechaniker ein ehrbarer Beruf ist, den man nicht schnell über Nacht erlernen kann.
Was das Fahrrad selber angeht, wird vor allem die Zukunft zeigen, wie gut die Reparatur durchgeführt wurde. Wenn ich eines aus meinem Metaller-Praktikum mitgenommen habe, dann das eine geschweißte Verbindung niemals mehr an der geschweißten Stelle aufgehen wird – sondern direkt daneben, darüber und darunter. Demzufolge muss man die Stelle, und vor allem das rundherum liegende Material im Auge behalten.
Ein finaler Hinweis noch zu eurer eigenen Sicherheit. Ein gebrochener Rahmen ist eine verdammt ernste Sache! In diesem Fall ging die Sache glimpflich aus, da die gebrochene Stelle redundant über die Ausfallenden mit dem Sattel verbunden war. Solltet ihr merken, dass euer Rad einen ähnlichen Defekt hat, fahrt bitte keinen Millimeter mehr damit. Ein guter Freund schickte mir nach dem letzten Blogpost einige Bilder von einem Rad, dessen Rahmen bei voller Fahrt (endgültig) durchbrach und so einen Sturz mit übelsten Verletzungen nach sich zog.
Also immer schön vorsichtig sein und überlasst die Reparatur im Zweifelsfall einem Profi.