Hochspannung, Isolatoren und Überschläge: Extra für die kleine Sophie!
Erstmal eines kleine Motivationsvideo:
Bevor ich die Sache mit den Überschlag erklären kann, muss ich wohl ein bisschen ausholen. Von Spannung hat ja jeder schon mal etwas gehört, spätestens wenn man einen Alfred Hitchcock oder eine Episode von „LOST“ gesehen hat. Aber was genau ist eigentlich die „elektrische Spannung“?
Spannung:
Jeder weiß, dass eine Steckdose 220V bereitstellt und eine normale AA-Batterie 1,5V. Aber da hörts dann meistens auch schon auf. Mir hat am Anfang meines Studiums folgendes Bild sehr gut geholfen: Stellt euch einen Bach vor, einen kleinen Gebirgsbach am Besten. Die Spannung ist da nichts anderes als der Höhenunterschied zwischen dem höchsten Punkt des Flusses (z.B. die Quelle) und der niedrigste Punkt (eine Mündung oder ein Auffangbecken).
Verstanden? Klasse, denn anhand dieses Bildes kann ich einiges sehr gut erklären. Stellt euch doch jetzt mal einen Fluss mit „niedriger“ Spannung, also niedrigem „Gefälle“ vor. Also einen kleinen Gebirgsbach, der vielleicht auf der Länge von 100m einen einzigen Meter Höhenunterschied schafft. Der wird sicher sehr gemächlich fließen, so dass man dort gerne seine Füße hinein hängt.
Anderer Fall. Unser kleiner Gebirgsbach wird jetzt zu den Niagarafällen, und schafft auf einer Länge von vielleicht 2 Metern eine Höhendifferenz von mehreren hundert Metern: Auweia. Dort dürfte das „Füße hinein-hängen“ziemlich lebensgefährlich sein.
Fassen wir also zusammen: Niedrige Höhendifferenz (=Spannung) -> wenig Bumms. Starke Höhendifferenz (=Hochspannung) -> mächtig viel Bumms. Die Spannung wird übrigens zu Ehren des Herrn Volta mit der Einheit „Volt“ [V] gemessen.
Isolatoren:
Was genau ist denn jetzt ein Isolator? Ok, der Begriff ist sicher schon mal gefallen, aber wirklich ein Bild vor Augen? Fehlanzeige.
Stellt euch einen Isolator doch einfach mal als Barriere vor. Vielleicht einfach als einen dicken Stein, oder noch besser als eine dicke Stahlbetonmauer in unserem Gebirgsflüßchen vor: Er „isoliert“ das Auffangbecken von der Quelle. Sprich: Das Wasser von Quelle kann nicht auf die andere Seite zum Auffangbecken gelangen (die Tatsache, dass das Wasser sich aufstauen kann und über die Barriere fließen könnte, lassen wir jetzt einfach mal außer Acht).
Doch jetzt stellt euch den gleichen dicken Stein bzw. Mauer in dem Bächlein bei den Niagarafällen vor. Richtig: das Wasser würde die Mauer wahrscheinlich sofort zerstören bzw. aus dem Weg räumen.
Und genau das gleiche passiert auch in der Elektrotechnik: Ein Isolator ist nichts weiter als ein verdammt großer (in erster Näherung unendlich großer) Widerstand (dieses Wort dürfte jeder schon einmal gehört haben). Genau wie die Mauer im Fluß, verhindert der Isolator einen Stromfluss.
Und auch hier verhält sich alles analog zu dem Beispiel: Unser Isolator kann nur einer gewissen Gewalt standhalten. Genauer gesagt: Einer bestimmten Spannung. Und genau an dieser Stelle muss besonders die kleine Sophie sehr gut aufpassen:
Überschreitet die Spannung einen kritischen Wert kommt es zum (taaadaaaa!) Überschlag. Und das darf man ruhig wörtlich nehmen. Es kommt zu einem kleinen Blitz, der entweder durch die Isolator durch oder am Isolator vorbei (durch die Luft) von einer Seite auf die andere „greift“.
Wann passiert dieser Überschlag?
Tatsächlich kann man für alle Materialien sehr genau vorhersagen, bei welcher Spannung die Isolation die Biege macht und der Durchschlag auftritt. Diese Zahl nennt man „Durchschlagsfestigkeit“.
Aber, aber, aber, aber: Richtig: Viele von euch werden jetzt sicher laut protestieren: Natürlich ist es nicht egal wieviel Isolator-Material ich denn verwende. Es macht schon einen Unterschied, ob ich nun eine dünne Schicht aus Glas verwende, oder gleich einen ganzen dicken Klotz aus Glas. Deswegen werden diese Spannungen nicht in „Volt“ angegeben, sondern in „Volt pro Metern“ [V/m]. Klingt vielleicht sehr umständlich, aber ich mach mal schnell ein Beispiel:
Beispiel 1:
Als Isolator verwende ich Glas mit einer Durchschlagsfestigkeit von 20.000.000 V/m. Mein Isolator soll 1 Zentimeter dick sein. Wieviel Spannung brauche ich, damit es zum Überschlag kommt?
U = 20.000.000 V/m * 0,01 m = 200.000 V
Beispiel 2:
Als Isolator verwende ich Glas mit einer Durchschlagsfestigkeit von 20.000.000 V/m. Mein Isolator soll 1 Meter dick sein. Wieviel Spannung brauche ich, damit es zum Überschlag kommt?
U = 20.000.000 V/m * 1 m = 20.000.000 V
Es spielt also wirklich eine Rolle wie dick der Isolator ist.
Übrigens: Selbst Luft hat eine solche Durchschlagsfestigkeit. Diese liegt bei 3 MV/m, also 3.000.000 V/m. Dies ist zum Beispiel bei Hochspannungsleitungen sehr wichtig. Diese Leitungen führen in Deutschland maximal 380.000 V.
Was bedeutet das nach unserer Rechnung?
m = 380.000 V / 3.000.000 V/m = 0,13 m
Würde man also ein Hochspannungskabel auf 13 Zentimeter an einen Hochspannungsmasten heranführen (dessen Spannung natürlich 0 Volt ist, sonst würde man sich jederzeit einen kräftigen Schlag holen, wenn man ihn anfasst) würde die Spannung durchschlagen.
Und genau hier wären wir auch beim Grund weswegen wir Isolatoren zum Beispiel brauchen: Um ein Hochspannungsseil von einem Masten möglich weit fern zu halten.
Übrigens: In dem Video vom Anfang handelt es um einen Durchschlag “am Glas vorbei”, durch die Luft. Dies sieht man besonders gut, wenn man ein Frame aus dem Video betrachtet:
Also, hier….den Isolator hast du aber chemisch nicht gerade korrekt erklärt :P, das üben wir wohl nochmal =)
ansonsten: toller Text ^^ wir haben so einen Versuch in unsrer Physikvorlesung auch gehabt ^^
grüßlis, Heidi
Herr Klever,
ich bin beeindruckt!
Respekt, das ist eine sehr detailierte und sogar fachlich recht präzise Darstellung dieser schönen elektrotechnischen Phänomene!
Ich habe aber trotzdem einen Fehler, also diesmal kein Rechtschreibfehler, entdeckt. Aber wo?
Schönes Wochenende noch
Grüße an die Damen
Dirk
wow..jetzt weiss ich eine menge mehr bescheid über die mysteriösen dinge in der physik…du solltest Lehrer werden :D
@Heidi: Mensch, das ist ja cool, das du auch mitliest =) Ich glaube in Sachen Chemie brauch ich mal nochne Nachhilfestunde. Da konnte mir Conny auch noch einiges Beibringen
@Dirk: Gna… die VDE hat heute schon angerufen und mich zusammen geschissen: Selbstverständlich kommt seit Mitte der 90er Jahre keine 220V mehr, sondern 230V aus der Steckdose. Das werde ich mal ausbessern müssen
@Sophie: büddebüdde. Hast echt alles gelesen =) Respekt ^^
@ Phil: klar les ich mit, was hast du denn gedacht ;) (selbst schuld, wenn ihr mir den link verratet =))
Also mal zur Frage: was ist denn ein Isolator eigtl chemisch gesehen?!?:
1. Was ist denn überhaupt ein Metall?:
Es gibt ein sogenanntes “Energiebändermodell”, mit dem sich erklären lässt, welche Festkörper Metalle, Isolatoren oder Halbleiter sind.
Unten hast du ein Valenzband und drüber das Leitungsband (also bildlich gesehen ;)). Bei Metallen überlappen sich diese beiden Bänder, wobei das Valenzband teilweise oder komplett mit Elektronen besetz ist. Und der schlaue Elektrotechniker weiß ja, was passiert, wenn man eine Spannung anlegt ;): die Elektronen fangen an sich zu bewegen und zu stoßen und weil das Leitungsband leer is verteilen sie sich da hin und leiten dort den Strom.
Fazit: Metall: Valenzband und Leitungsband überlappen
2. Was ist ein Eigenhalbleiter bzw. ein dotierter Halbleiter?:
In diesem Fall ist ein Abstand zwischen dem Leitungs- und dem Valenzband. Das Valenzband ist komplett mit Elektronen gefüllt und der Abstand zwischen den Bändern ist nur so groß, dass durch THERMISCHE Anregung (also durch Wärme ;)) Elektronen über diesen Abstand drüberhüpfen und dann oben im Leitungsband sind. Unten im Valenzband entstehen durch die fehlenden Elektronen Lücken –> erhöht auch hier die Beweglichkeit der Elektronen.
Fazit: Eigenhalbleiter: Valenz- und Leitungsband haben Abstand, in beiden Bändern ist elektrische Leitung möglich.
P.S.: man kann Eigenhalbleiter (z.b. Silicium) “dotieren” –> n-Halbleiter & p-Halbleiter (= negativ bzw. positiv dotierter Halbleiter). Dabei werden in den Abstand z.b. Arsen- oder Indium-Atome eingebaut, um den Abstand zu verkleinern.
3. Was ist ein Isolator?:
die alles entscheidende Frage ;). Nah? Ahnt ihr schon was ;)?
…
Richtig!! Bei einem Isolator ist der Abstand zwischen den beiden Bändern sooooo groß, dass die Elektronen bei Wärme nicht dort hochhüpfen können. Das Valenzband ist komplett gefüllt.
So, das war die kleine Chemie-Stunde von Prof.-Dr.-in spe Heidi =)
@Heidi: Huaaaa…. Möchte ich hier mal anmerken. Gottseidank machen wir in Chemie nicht sowas ^^ Nur Kunststoffe. Und ab jetzt nie wieder. Weil letzte Klausur. Das möchte ich nämlich AUCH anmerken :D
Ansonsten: Toll erklärt, Philchen ^^ Man versteht es schon sehr gut! :)
Bussi,
Conny
@Conny: und ich hab´s wohl nicht gut erklärt, oder wie *drop* :( und das, obwohl ich grad GAR keine Zeit für sowas hab, weil am Donnerstag immernoch “Schrödinger´s Katze” (= Quantenmechanik-Klausur) auf mich wartet *PANIK*!!!!!!!!!!!!!!!
Das möchte ich auch nur mal anmerken ;)
grüßlis, Heidi
@Heidi: Das bekommen wir schon noch hin =) Wenn du nix dagegen hast, arbeite ich deinen Artikel mal in einen Beitrag von mir rein.
Vielleicht so eine Miniserie: killerwal.com erklärt die Welt
@Phil: ja klar, du kannst damit machen, was du willst ^^. war ja nur ne erklärung ^^. das steht bestimmt auch bei wikipedia o.Ô ^^
@Conny: das ist übrigens noch EINFACH zu verstehen im Gegensatz zu manch anderem (ich sag nur: “schrödinger´s Katze”) ;)
grüßlis,Heidi *happy, wenn Donnerstag is* =)
Mein Junge, was hast Du für einen Umgang. Ich bin beeindruckt von Heidi.
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@Phil *rüberflüster*: Wer is denn Georg? ^_^° Muss ja wissen, vom wem ich so alles “Komplimente” bekomme ;)….
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Tja Heidi, du hast ein Lob von meinen Vater bekommen =)
Oh o.Ô
*freu* das is ja toll :)
kann mir jemand sagen was in dem Isolator ist? Luft? Öl? oder ist er nur aus Glas?
Dank Euch
Hi,
die beiden Metallenden werden von einer ca. 2cm dicken Glasschicht voneinander isoliert. Aussenrum ist natürlich Luft.
Allerdings kann man die Aussage nicht pauschalisieren. In kleinen Isolatoren wird gerne SF6 verwendet. Dieses Gas ist extrem nicht-leitend
Hallo, hast Du schon mal mit HS Kulissen gearbeitet, um Durchschläge zu verhindern?
Gibt es dazu gute Literatur?
Tolle Bilder, gratuliere
Grüsse
Thomas