Reisebericht Berner Oberland Tag 4 – Ein Besuch der Bundesstadt Bern
Beim Verreisen gibt es prinzipiell nichts Demotivierendes als die Rückfahrt: Der Urlaub ist vorbei, das Alltagsleben wartet daheim und zu allem Überfluss muss man auch noch die letzten Stunden in einem Auto, Waggon oder Flugzeug verbringen. Aber es geht auch anders: Denn warum sollte man nicht die Rückfahrt für ein wenig Rest-Sightseeing verwenden? Genau diesen Gedanken verfolgten auch Conny und ich beim der Heimfahrt aus unserem kleinen Schweiz-Intermezzo über Ostern. Erster Halt: Bern.
Auf unseren Zugtickets war keinerlei Zugbindung zu finden, so dass wir kurzerhand nach dem Einsteigen in Thun auf dem iPad die Verbindungen checkten und uns ein kleines Programm mit Zwischenhalt in Zürich und Bern zusammen strickten. Einzige Bedingung war das Erwischen des letzten Zuges von Buchloe nach Augsburg vor Mitternacht. Ansonsten stand dem vollen Ausnutzen unseres Swisspasses der 1. Klasse nichts im Weg.
Als Städtereiseziel war die Stadt an der Aare sowieso schon lange überfällig. Obwohl die Schweiz offiziell keine Hauptstadt besitzt, erfüllt Bern diese Rolle de facto ziemlich gut. Immerhin ist sie amtliche Bundesstadt und Sitz des National- und Städterates der Schweiz und liegt somit eine ganze Kategorie höher als die Stadt Bonn, der in Deutschland landläufig auch als „Bundesstadt“ bekannt ist. Unterm Strich muss man aber eine Eigenschaft der Schweiz ganz offiziell betonen: Es gibt keine Hauptstadt der Schweiz. Weder Zürich, noch Genf, noch Bern. Isso.
Und wenn wir schon beim Thema sind: Hier wäre der Sitz der Regierung und des Parlaments der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Das Bundeshaus bzw. Palais fédéral, bzw. Palazzo federale oder rätoromanisch auch Chasa federala genannt.
Anhand der Fotos kann man es schon gut erkennen: Nach dem herrlichen Sonnenschein am gestrigen Tage brachte uns Petrus wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und bremste das Sonnenlicht nach Milliarden von Lichtjahren auf den letzten Metern durch einen dicken Wolkenvorhang. Bei einer solch dichtbebauten Altstadt wie hier kann sich dies aber als Vorteil herausstellen: Zum Fotografieren sind die Lichtverhältnisse viel ausgeglichener, während man beim starken Sonnenschein gerne mal Unterschiede von mehreren Blenden zwischen linken und rechten Häusern hat.
Seit 1983 steht die Altstadt von Bern auf der Liste der Weltkulturerben. Nicht ganz zu Unrecht, denn trotz der gewachsenen Bedeutung der Stadt für die Schweiz konnte man die alten Strukturen der Altstadt gut erhalten. Gerade wenn man an den Bau von Prunk- und Zweckgebäuden in anderen Haupstädten dieser Welt denkt, ist man fast überrascht, dass die Berner der Versuchung widerstehen konnten mit großen Planierraupen durch alte Stadtviertel zu fahren um Platz für Regierungsbauten zu schaffen.
Architektonisches Highlight in Bern ist die Spitze der Aareschlaufe. Die Stadt entsstand ursprünglich einem großen 180° Bogen des Flusses. Strategisch war diese keine schlechte Idee, da durch das weit eingeschnittenene Teil so nur eine Seite der Stadt mit Fort gegen unerwünschte Eindringlinge abgesichert werden musste. Heute sind die Brücken über das tiefe Tal der Ausgangspunkt von ganzen Horden an Touristen. In die Schlange reihte ich mich doch gerne ein und knipste was das Zeug hält. Man beachte besonders die extrem hohen Brücken, die die Altsadt mit dem gegenüberliegenden Ufer verbinden.
Die genaue Herkunft des Namens „Bern“ ist bis heute nicht ganz geklärt. Zwar gibt es eine recht plausibel erscheinende Begründung, dass das keltische Wort „berna“ für eine tiefe Schlucht stehen könnte, die im Kontext der Aareschlaufe sogar einen gewissen Sinn ergeben würde. Viel charmanter klingt aber die Legende vom Stadtgründer Herzog Berchtold V. von Zähringen, der die Stadt nach dem ersten Tier benennen wollte, dass in den umliegenden Wäldern erlegt werden würde.
Und ein unglücklicher Bär anscheinend der erste war, der von einem übermotivierten Neu-Berner niedergeballert wurde, lag der Stadtname auf der Hand.
Egal welche Version nun stimmt: Die Berner sind verrückt nach Bären.
Seit 1441 besteht in Bern die feste Tradition die Stadt mit ein paar Bären zu bevölkern. Dazu wurde direkt am der Altstadt gegenüberliegenden Ufer ein Bärengraben geschaffen, um jedem Einwohner die Möglichkeit zu schaffen, das Wappentier jederzeit aus der Nähe beobachten können.
Ab 2004 wurde diese Idee erweitert und der ehemalig recht rustikale Bärengraben zu einem kompletten Bärengehege umgebaut. Mittlerweile entstand an einem kompletten Teil des Aare-Ufers ein riesiger Bärenpark, um den Wünschen der Tierschützer nach einer artgerechteren Haltung nachzukommen. Momentan bewohnen insgesamt drei Bären die Anlage: Die Bäreneltern „Björk“ und „Finn“ und ihr Nachwuchs „Ursina“.
Mit diesen bärigen Eindrücken endete dann auch der erste Teil unserer Heimfahrt, denn ein kurzer Zwischenstopp in Zürich stand noch auf der Liste.
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