EASA: Handy-Nutzung im Flugzeug ist erlaubt
Während meiner letzten Tage in Paris erreichte mich eine sehr flugspezifische, aber dennoch hoch interessante Neuigkeit: Die Europäischen Aufsichtsbehörde für Flugsicherheit (EASA) erlaubt nun die Benutzung von Smartphones und Tablets während des gesamten Fluges. Einschränkungen, wie etwa der Flugmodus, sind zukünftig keine Notwendigkeit mehr.
Dennoch ist die neue gesetzliche Regelung noch kein Freibrief für alle Passagiere: Jede Airline besitzt noch immer die Hoheit über das Verhalten der Gäste an Bord der eigenen Flieger. Und auch die EASA sieht die Fluggesellschaften in der Pflicht: Für den störungsfreien Ablauf und die individuelle Regelung der Handy-Nutzung an Bord ist weiterhin jede Gesellschaft selbst verantwortlich.
Gute Gründe für bisherige Regelung
Die Sätze „Bitte schalten Sie nun alle elektronischen Geräte für den Start aus. Sie können diese gerne wieder anschalten, wenn das Anschnallzeichen erloschen ist“ dürften gerade Vielflieger im Schlaf mitsprechen können. Bisher galt die Nutzung eines Telefons im Nicht-Flugmodus als vergleichbares Vergehen wie das Ignorieren des Rauchverbotes oder die Missachtung der Anweisung zu Start und Landung das Tischchen hochzuklappen. Ich selbst erinnere mich noch gut an eine Stewardess, die bei meinem letzten Flug nach Madrid quer durch den Flieger stürmte, um mich vor dem gesamten Flugzeug zu maßregeln. Ich hatte tatsächlich während des Pushbacks am Gate noch kurz das Wetter in Spanien gecheckt.
Bisher schien es von Seiten der Fluggesellschaft auch stets gute Gründe zu geben, weswegen die Handynutzung an Bord ein Tabu für alle Zeiten bleiben sollte:
- Die Bord-Elektronik könnte von den Handys gestört werden
- Der Sprechfunk bzw. die Funknavigation könnte von Handys in die Irre geführt werden
- Fluggäste wünschen ein solches Verbot, um an Bord die Ruhe zu genießen
- Der Lärm in der Kabine würde Telefonate sowieso zur Tortour für beide Endungen der Leitung werden lassen
- Ein Handy, das in 10km auf Netzsuche ist, strahle mit einem Vielfachen der normalen Leistung, was auf Dauer ungesund wäre
Wenn ich die jetzige pauschale Freigabe der EASA richtig interpretiere, so scheinen sich zumindest die Bedenken bezüglich der technischen Komplikationen der Handy-Nutzung an Bord eines Flugzeuges zerschlagen zu haben. Tatsächlich ist mir auch kein Fall eines Zwischenfalls bekannt, in dem ein Handy in einem Flugzeug die Hauptursache für ein technisches Problem gewesen wäre.
Die Lockerung der EASA bezüglich der Smartphones und Tablets an Bord scheint also eine logische Folge einer bisher sauberen Unfallstatistik zu sein.
Plädoyer für die Handy-Nutzung in Flugzeugen
Für mich ist diese Entscheidung ein sehr begrüßenswerter Schritt. Erstens hielt ich die Angst vor Störungen an Bord schon alleine wegen der Nutzung von unterschiedlichen Frequenzen für Navigation, Sprechfunk und GSM-Telefonen für Bedenken eines Technik-Laien. Ein Verbot auf Grund einer „pauschalen Angst vor irgendetwas“, ohne ein realistisches und konkretes Szenario, halte ich grundsätzlich nie für eine gute Idee.
Natürlich kann ich die Befürchtungen vor einem lauteren Flugzeug verstehen, wenn der Passagier auf dem Nachbarsitz ein schier endloses Telefonat führt. Allerdings darf man nicht vergessen, dass viele Airlines (gerade auf Langstrecken) bereits schon Telefone am Sitz zur Verfügung stellen. Auch wenn diese mit nicht gerade günstigen Gebühren belegt sind, werden auch die Telefonate an Bord mit dem eigenen Handy wahrscheinlich teurer als das durchschnittliche Roaming werden: Persönliche Smartphones dürften bei einem Flug mit 800km/h in 10 Kilometern Höhe große Probleme haben, sich in eine Zelle am Boden einzuloggen. Selbst wenn dies dem Gerät für kurze Zeit gelingt, dürfte die Verbindung kaum länger halten, um kurz seine Mails zu checken oder eine SMS zu empfangen. Für ein Telefonat inklusive Handshakes von einer Zelle zur nächsten dürfte aus meiner Sicht die bisher vorhandene reine bodengestützte Zellenabdeckung nicht ausreichen. Und den Spezialfall des Fluges über die Alpen bzw. übers Meer haben wir dort nicht gar nicht betrachtet.
Würde eine Fluggesellschaft nun seinen Passagieren die Möglichkeit zum durchgängigen Telefonieren einräumen wollen, so müsste das Flugzeug einen „persönlichen Handymasten“ mitführen, und die Gespräche am besten per Satellit an den Boden weiterleiten. Ähnlich wie die fest installierten Telefone in den Sitzen der Langstrecke dürfte auch dieses Bordnetz mit beachtlichen Roamingkosten belegt sein. Die Angst vor dem Dauer-Quasseln des Nachbarn wird also sicher durch monetäre Gründe begrenzt.
Handys & GPS im Flugzeug ohne Flugmodus
Ich bin eher froh, dass ich nun mein Tablet bzw. mein Smartphone an Bord eines Fliegers benutzen kann, um z.B. meine persönlichen Notizen oder auch meine Mails offline verfügbar zu haben. Manchmal möchte ich mir einfach während eines Flugzeuges ein paar Zeilen notieren oder eine Information (wie z.B. ein abgespeicherten Wikipedia-Artikel über meinen Zielort) durchlesen. Hier die ganze Zeit auf den Zustand des Fliegers zu achten (Gate, Taxi, Start, Steigflug, Horizontalflug, Anflug, Landung, Taxi, …) stört da eher den spontanen Griff zum Gerät.
Auch sehr hilfreich ist die neue Regelung für Smartphones mit GPS: Wer wissen will, welche Stadt er gerade überfliegt, kann dies nun legal mit einem schnellen Blick auf einer App mit einer Offline-Karte herausfinden: GPS funktioniert zwar völlig passiv (die Satelliten senden, das Gerät empfängt nur), allerdings wird die Ortungsfunktion sehr oft vom Flugmodus abgeschaltet.
In Zukunft dürfte wohl eher die Versorgung mit Internet an Bedeutung gewinnen: Wer auf einem mehrstündigen Interkontinental-Flug seine Mails bearbeiten kann, kann die Zeit an Bord sinnvoll nutzen. Und dies stört auch garantiert nicht den Nebenmann.
Handy im Flugzeugs: Schnelle Entladung des Akkus
Ein kleiner Tip noch zum Schluss: Auch wenn die Nutzung von Handys, Smartphones und Tablet in Zukunft immer und überall an Bord eines Flieger gestattet wird: Ein Handy auf Netzsuche funkt tatsächlich mit seiner (im Rahmen von gesetzlichen Bestimmung zum Strahlungsschutz) maximal möglichen Sendeleistung, um vielleicht doch noch irgendwo einen Handymasten am Boden zu erreichen. Dies ist zwar prinzipiell ungefährlich für den Besitzer des Handys, kann allerdings die Akku-Laufzeit erheblich verringern.
Wer also wirklich auf die Telefon- und Internet-Funktionen an Bord komplett verzichten kann, spart mit dem Flugmodus jede Menge Strom.
Sehr interessanter Beitrag und Sie haben in vielen Punkten Recht. Doch cch stelle mir vor, wie 95% der Passagiere ihr Smartphone rausholen und was das bei einer Flugzeugröhre, der die Strahlung nicht entkommen kann und nur verstärkt wird, für die Gesundheit der Insassen bedeutet. Halleluja!
Marcus
@Marcus: Nunja, dieses Phänomen gibt es ja im gleichen Maße in jedem Zug der DB, wo es heute auch keinerlei Pflicht gibt, sein Handy auszuschalten. Deswegen dürfte sich das im Flieger nicht anders (sehr wahrscheinlich ungefährlich) gestalten.
LG Phil