Air Berlin startet neuen abgespeckten Billigflugtarif: JustFly
So ganz habe ich die Rolle von Air Berlin im Spektrum der Airlines nie verstanden: Auf der einen Seite wäre man so gerne ein großer, etablierter und niveauvoller Legacy-Carrier, der in der erst kürzlich beigetretenen Allianz oneworld an der Seite von American Airlines oder British Airways majestätisch durch die Lüfte schwebt. Dann wären da noch die Charter- & Urlaubsflügen, auf denen die Berliner gar nicht genügend Touristen nach Mallorca mit normalem Service kutschieren können. Und zum Schluss betitelt sich Air Berlin selbst manchmal gerne als Billigflieger und wünscht das Klientel der LowCost-Junkies an Bord. Und genau Letztere bekommen jetzt einen neuen Tarif: JustFly.
Ergo weiß ich noch immer nicht, wie das Firmenprofil genau aussehen soll, wenn’s denn mal fertig ist. Aber das ist bei Projekten aus Berlin im Moment sowieso so eine Sache.
Nehmen wir doch den neuesten Geniestreich (Vorsicht, dieser Satz könnte Ironie enthalten)) von Bahnchef … ähm … CEO Hartmut Mehdorn mal unter die Lupe:
Der neue Tarif „JustFly“ wird in Zukunft als billigster Tarif parallel neben den bisher bestehenden Tarifen „Classic“ (Sitzplatz & Koffer & Check-in ist im Preis inbegriffen ) und „Flex“ (Umbuchen & Stornierung endet mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht im Totalverlust) angeboten und soll das Fliegen auf die reine Transportleistung reduzieren.
Hier gibt’s den neuen Tarif “JustFly” auf der Air Berlin-Homepage
Der JustFly-Tarif wird nur in begrenzter Stückzahl und anscheinend auch nicht bei jedem Flug angeboten und weist so gut wie keine Zusatzdienstleitung auf: Es gibt keine Sitzplatzreservierung, keine Möglichkeit zur Stornierung oder Umbuchung sowie keine Möglichkeit am Check-In Automaten seine Bordkarte zu bekommen. Auch das Einchecken am Schalter ist nur gegen eine Gebühr von 15€ möglich. Erklärtes Ziel ist es, den Fluggast zum Ausdrucken des Tickets am heimischen Computer zu überreden. Wie bei einem waschechten Billigflieger ist natürlich auch der 23kg-Koffer nicht mit „an Bord“. Allerdings kann er gegen eine (doch sehr faire) Gebühr von 15€ pro Strecke mitgenommen werden. Jeder weitere Koffer schlägt mit 50€ zu Buche.
Ein absolutes Novum ist jedoch die neue Handgepäckregelung: Maximal ein Stück mit den üblichen Abmessungen von 55x50x20cm ist erlaubt, wobei nur ein Gesamtgewicht von 6 Kilo toleriert wird. Doch der Kracher kommt jetzt: Jeder JustFly-Kunde ist verpflichtet, sein Handgepäck am Check-In- bzw. Bagage-Dropoff-Schalter wiegen zu lassen. Bei Unterschreiten der 6kg-Marke gibt’s dann einen kleinen Aufkleber auf die Tasche. Air Berlin weist extra darauf hin, dass ein JustFly-Kunde ohne diese Markierung auf seiner Handtasche bzw. Trolley nicht an Bord gelassen wird. Klare Regel – harte Worte.
Der Ansatz von Air Berlin, die gleiche Dienstleistung (Flug von A nach B) zu drei verschiedenen Tarifen zu vermarkten ist selbst mir neu aber dennoch interessant: Wer maximal sparen möchte und wirklich nur einen Transport braucht, kann so fast alle Extraleistungen abwählen.
Ein weiteres Argument ist die Tatsache, dass Air Berlin nun mit sehr niedrigen Endpreisen werben kann. So lockt man den Kunden erst einmal auf die Homepage, um ihn vielleicht doch dann vom normalen Tarif zu überzeugen. Eine solche Taktik wäre durchaus denkbar, und auch absolut legal.
Im Gegensatz zu Ryanair wird man aber durch den neuen JustFly-Tarif nur schwer die Kosten reduzieren können: Die Iren geben offen zu, ihren Kunden den Koffer und den Check-In am Flughafen abgewöhnen zu wollen. So spart man Personal, Handlingkosten und am Ende auch viel Zeit. Die Tatsache, dass beim JustFly-Tarif jedes Handgepäck gewogen werden muss wird kaum zu einer Aufwandsreduzierung führen.
Ich bin mal sehr gespannt, wie sich die Preise entwickeln werden. Anvisiertes Ziel scheint ein Preis von 79€ für einen Hin- und Rückflug und somit eine Kampfansage an Lufthansa zu sein.
Ich finde die Idee an sich gut, da man ja nicht auf jedem Flug unbedingt einen Koffer braucht. Check-in geht sowieso am besten online, wobei man natürlich beim Koffer-wiegen-Aufkleber-bekommen die hier gesparte Zeit wieder verliert. Stellt sich die Frage, wie sich AirBerlin dann mit den ja doch noch recht hochpreisigen JustFly Tarifen gegen Wettbewerber wie Ryanair und Easyjet behaupten möchte. Wahrscheinlich sind aber schon die angeflogenen Flughäfen, Abflugzeiten und Ausstattung der Maschinen ein großer Pluspunkt. Mal sehen wie das Angebot so angenommen wird. Viele Grüße aotearoa
Diese Mixture führt nicht zu den gewünschten Einsparungen, sondern man hofft auf die Marktelastizität. Der Kunde soll mehr kaufen und somit werden sich die Kosten nur im Verhältnis zum erhofften Mehr- Umsatz reduzieren. Es kann aufgehen, muss jedoch peinlich genau controlled werden, um die JustFly Angebote nicht zum Bumerang werden zu lassen. Ich finde persönlich die pure Form von Ryanair für erfolgsversprechender, da es sich wie um eine Auktion handelt, die für alle Marktteilnehmer berechenbarer ist. Mal sehen, wie das Spiel ausgeht.
JustFly wäre eine gute Sache für mich z.B. bei Tagesbesuchen Zürich -> Hamburg -> Zürich. Finde aber derlei Tarifangebote bei Air Berlin online gar nicht … Nachfrage bei Service von Air Berlin wurde erst nach vielen Tagen beantwortet … und das ohne klare Aussage, wie man nun genau nach diesen interessanten JustFly-Tarifen auf den Pages von Air Berlin gezielt suchen kann … Urteil: Schwach! … vermutlich ist die IT dem neuen Angebot bisher nicht nachgekommen …