BeeZero: Mit dem Wasserstoff-Carsharing zum Wellness-Urlaub
Mein erster Gedanke: Kann das überhaupt funktionieren?
Unser Wellness-Wochenende im Das Central in Sölden war bereits geplant, als ich auf die Idee kam, für die Anreise dieses Mal etwas ganz Besonderes auszuprobieren: Das Carsharing-System BeeZero von Linde, deren 50 Hyundai ix35 FCEV nur durch Wasserstoff angetrieben werden. Dass ich hier schon lange richtig Lust auf einen ausführlichen Test hatte, könnt ich euch sicher vorstellen.
Aber kann es wirklich klappen, die knapp 500 Kilometer hin- und zurück nach Sölden mit einem Brennstoffzellen-Auto abzuspulen? Reicht die bisherige Tankstellen-Infrastruktur aus, um damit in die Berge (und wieder zurück ins heimische München) zu kommen?
Ich nehme das Ergebnis an dieser Stelle vorweg: Und wie das funktioniert!
Und egal ob mit 130km/h über die Autobahn oder auf den Serpentinen des Ötztals – das fast lautlose Fahren mit BeeZero macht richtig Laune.
Aber fangen wir doch mal ganz von vorne an. Bereits am Vortag der Abreise schnappte ich mir einen Wagen, die keine 500 Meter von meiner Haustür entfernt parkte. Das System von BeeZero folgt nicht ganz dem free-floating-Prinzip der Konkurrenz von DriveNow oder car2go, sondern weist jeden seiner 50 Fahrzeuge eine sogenannte Homezone zu.
Aktuell verteilen sich die matt-blau folierten Fahrzeuge hauptsächlich in den Straßen von Au-Haidhausen, der Ludwigs- sowie der Maxvorstadt. Durch die Zuweisung der Zonen sichert Linde als Betreiber die ordentliche Abdeckung dieser Viertel. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Angebot bald auf weitere Stadtbezirke der bayrischen Landeshauptstadt ausbreiten wird.
Wie bei Carsharern mittlerweile üblich erfolgte auch bei mir die Buchung über eine Handy-App. Nach der Registrierung im Netz bleibt die branchenübliche Verifizierung des Führerscheins vor Ort ein Muss. Diese kann jedoch in fast jeder größeren Postfiliale durchgeführt werden, so dass sich der Aufwand für diesen Schritt in Grenzen hält. Keine fünf Minuten nach Vorlage meines Führerscheins trudelte die Bestätigungs-Email bei mir ein, und es konnte losgehen.
Ich suchte mir einen möglichst vollgetankten Wagen aus und öffnete ihn dann per Bluetooth.
Bei dieser Methode war ich zuerst doch etwas nervös: Würde das Öffnen und Schließen denn auch ohne Internet, z.B. in einer Tiefgarage oder im Ausland ohne Internet-Paket, funktionieren?
Entwarnung: Dank direkter Verbindung zwischen Handy und Hyundai ohne Umweg über das Internet gab es hier keine Probleme. Alle Wagen verfügen übrigens über Handyhalterungen plus einen Strauß der gängigen Smartphone-Ladekabel, so dass dem „Wagenschlüssel“ nie der Saft ausgehen sollte.
Als elektronischer Wagenschlüssel bietet die App drei Handlungsmöglichkeiten:
- Auto öffnen
- Auto schließen
- Auto zurückgeben.
Da ich die rollende Brennstoffzelle über das ganze Wochenende behalten wollte, beendete ich die Miete einfach nicht. So konnte ich den Wagen schon am Vorabend der Anreise beladen und über Nacht verschlossen vor der Tür parken und musste nicht befürchten, dass mir mein Fahrzeug vor der Nase “weg-gemietet” werden könnte.
Mit BeeZero ins Wellness-Wochenende
Kommen wir nun zum eigentlich Herzstück des Systems von BeeZero: Dem Hyundai ix35 FCEV, mit dem der Mutterkonzern Linde um die Gunst der Teilzeit-Autoliebhaber buhlt. Gerüchten zufolge blieb Linde bei der Fahrzeugwahl nur wenig Auswahl. Einzig Hyundai sei anno 2015 in der Lage gewesen, ein (Klein-)Serienfahrzeug mit ausgereifter Brennstoffzelle anzubieten, so dass die Südkoreaner den Zuschlag erhielten.
Andererseits dürfte es dem hauptamtlichen Luft-Zerleger Linde wahrscheinlich auch gar nicht so sehr um die Wahl des charismatischsten/sportlichsten Autos gegangen sein: Im Vordergrund steht der Beweis, dass die Wasserstoff-Technik mit allen Komponenten wie Fahrzeug, Tankstellenbetreiber und Kunde sehr wohl alltagstauglich ist.
Mit diesem Versprechen im Rücken ging es für Conny und mich auf die Autobahn in Richtung Süden. Die Frontscheibe wurde noch schnell mit der obligatorischen Vignette geschmückt, bevor wir uns immer weiter von der letzten Wasserstoff-Tankstelle in München in Richtung Grenze entfernten.
Die Reise konnte beginnen.
Wer auf den Fotos übrigens genau hinschaut, erkennt das „E“ auf dem Kennzeichen unsere Fahrzeugs. In München ist dieser Zusatzbuchstabe für jedes Batterieelektrofahrzeug, von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeug oder eben auch Brennstoffzellenfahrzeug beantragbar.
Eine Pflicht zum “E” gibt es nicht – umgekehrt gibt es im Vergleich zum “H” allerdings auch keine nennenswerte Vorteile. Dafür erntet man durchaus den einen oder anderen anerkennenden Blick.
Ja, man fällt mit dem BeeZero auf einer Autobahnraststätte durchaus auf. Elektroautos trauen sich eben meist doch noch nicht so weit aus der Stadt heraus.
Wasserstoff tanken in Österreich: Kein Problem
Ein wenig vorplanen kann beim Fahren mit Wasserstoff nicht schaden. Ungefähr in der Mitte der Strecke zwischen München und Sölden hatten wir uns Innsbruck als Tankstopp ausgesucht. Die Reichweite unseres BeeZeros schwankte laut Bordcomputer zwischen 420 und 500 Kilometer, so dass Conny und mir die aus der Formel1 bekannt Null-Stopp-Strategie zu heiß war.
Leider kannte das Navi des Autos die Tankstelle noch nicht und schlug uns nur eine H2-Tankstelle am Stuttgarter Flughafen vor. Dank vorher notierter Innsbrucker Adresse war das Auffinden kein Problem. Mit Hilfe dieser Station wäre theoretisch sogar eine kompletten Alpenquerung möglich gewesen. Bis zur nächsten Tankstelle in Bozen hätten die maximalen 5,76 Kilogramm Wasserstoff im doppelten Boden des Kofferraums locker ausgereicht.
Und wie geht nun das Tanken von Wasserstoff?
Erschreckend normal, würde ich behaupten. Nach dem Öffnen des Tankdeckels bietet der glänzende Stutzen für den gemeinen Autofahrer zwar ein ungewohntes Bild. Die Zapfsäule umschließt ihn jedoch mit einem satten Klicken. Der Tankvorgang wird per Knopfdruck gestartet, läuft danach aber ganz normal ab.
Das dann startende Auffüllen des Tankes mit immerhin 700bar klingt zwar mehr nach Aufpumpen eines Reifens, dauert jedoch ungefähr genau so lange wie beim Benzin-Kollegen an der Säule nebenan. Keine fünf Minuten später ist der Vorgang abgeschlossen und die Fahrt kann weitergehen.
Die letzte Etappe hatte begonnen und wir schraubten uns mit dem Hyundai SUV immer weiter ins Ötztal hinein. Das Automatikgetriebe erleichterte das Cruisen auf den letzten Serpentinen und ließ uns wunderbar im Verkehr mitschwimmen. Je langsamer uns die engen Kurven auf den letzten Metern werden ließen, desto stiller wurde es. Werden die Abrollgeräusche der Reifen erst einmal leiser und schaltet man das MP3-Radio aus, merkt man erst wie ruhig die Fahrt in einem Elektroauto sein kann.
Einzig beim Anfahren verstört das vollständige Fehlen eines Motors etwas.
Ist er schon an? Kann ich schon losfahren? Hier muss man sich erst langsam an das Fehlen eines akustischen Feedbacks gewöhnen.
Ansonsten macht der Südkoreaner eine wirklich gute Figur. Auch wenn ich natürlich gespannt bin, welches Wasserstoff-Auto die Macher hinter BeeZero als nächstes im Auge haben.
Nach gemütlichen 250 Kilometern Fahrt und einem einwandfreien Tankvorgang kamen wir beide in Sölden an. Der Wagen durfte sich für die nächsten Tage mit einem Tiefgaragenstellplatz begnügen. Für uns konnte das Wellness-Wochenende nun so richtig beginnen, da wir mit diesem Hotel schon ausgezeichnete Erfahrungen gemacht hatten.
Das Hotel, in dem wir es uns für das kommende Wochenende gemütlich machen wollten, war ein alter Bekannter. Ins Das Central in Sölden hatten wir bereits 2015 schon einmal eingecheckt. Mehr dazu aber im nächsten Blogbeitrag.
Fazit: Wasserstoff-Carsharing BeeZero
Ganz klar, es gibt ein Manko: Die Wasserstoff-Tankstellen sind momentan noch rar gesät. Die Seite der Clean Energy Partnership listet in Bayern aktuell nur vier Stationen auf. Immerhin sind auf der Karte viele zukünftige Standorte verzeichnet, die bald kommen sollen. Auch wir checkten vor der Abfahrt den Zustand der Anlage in Innsbruck. Wäre diese spontan ausgefallen, so hätten wir noch bei der Rückfahrt tanken können.
In München sieht die Sache natürlich völlig anders aus. Die Tankfüllung dürfte für jede innerstädtische Kurzstrecke locker ausreichen. Die Hyundais bieten soliden SUV-Fahrspaß im sonst eher downgesizten Carsharing-Segment. Und vor allem: Das gute Gewissen, nur reines Wasser aus dem Auspuff qualmen zu lassen, ist auch mit an Bord.
Ich bin wirklich gespannt, was sich in Sachen Wasserstoff-Autos noch tun wird.
Vielen Dank an BeeZero für die Bereitstellung eines Fahrzeuges für die Anreise nach Sölden
Hi Phil,
das ist ein sehr schöner Bericht der näher auf den Wasserstoff betrieben Antrieb eingeht. Kannst Du etwas über den Verbrauch und die Kosten sagen? Was kostet das Auto? Früher wurde bemängelt, dass der Tank sich mit der Zeit selbständig entleert. Ist das immer noch so? Muss der Motor für diesen Antrieb umgerüstet werden?
Im Voraus vielen Dank.
Der Verbrauch ist nach aktuellem Stand etwas schwer in Worte zu greifen: Laut Handbuch verbraucht der Wagen 0,95kg pro 100km. Im Tank selber sind etwas mehr als 5 Kilogramm enthalten, so dass sich der Aktionsradius von 500km ergibt. Pro 100g haben wir an der Tankstelle 90 cent gezahlt.
Der Tank selber ist absolut dicht, so dass man hier keine Verluste befürchten muss. Bei 700bar Innendruck wäre eine Undichtigkeit auch fatal.
Der Antrieb kann leider überhaupt nicht umgerüstet werden, da der Wagen einen Elektromotor benötigt. Der Wasserstoff wird über eine Brennstoffzelle in Strom umgewandelt. Über eine Batterie gepuffert wird dann der Elektromotor betrieben. Dies bedeutet z.B. das der Wagen überhaupt kein Getriebe braucht.
Wasserstoff kann theoretisch auch mit normalen Motoren verbrannt werden. Dies ist dann aber eine komplette andere Energieerzeugungs-Technologie.
LG Phil