Der Horror kurz vorm TÜV – Seitenblinker am 1er BMW tauschen wegen Rost im Kabelbaum
Mit einer Plakette auf dem hinteren Kennzeichen rufen die Damen und Herren des TÜVs alle zwei Jahre jedes Auto zur Hauptuntersuchung. So auch mein Auto, dass ich dieses Jahr zum ersten Mal als Besitzer auf die Bühne fahren darf. Hätte ich bloß einmal früher die Beleuchtung überprüft. Nur wenige Tage vor dem Termin rächte sich meine Nachlässigkeit.
Frech begrüßte mich mein linker Seitenblinker von einem etwas anderen Platz als sonst. Außerhalb des Kotflügels – wie man auf dem Foto gut erkennen kann. Diagnose: Abgebrochene Halteklammer und keine Reparaturmöglichkeit. Verdammter Mist.
Der richtige Klopper kam aber erst auf der Beifahrerseite. Hier hatte sich der Seitenblinker in ein kleines Aquarium verwandelt. Anscheinend stand das Wasser schon viel zu lange im Gehäuse: Der Blinker war komplett hinüber und gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
Tja, und sowas an einem Auto made in Germany. Für die defekten Teile musste ganz schnell Ersatz her.
Der TÜV-Termin rückte immer näher und so kaufte ich im Internet den erstbesten Satz mit Anschlusskabeln. Warum seht ihr später.
Der Ausbau der defekten Blinker ist relativ easy. Schiebt die beiden Gläser vorsichtig in Richtung der vorderen Scheinwerfer. Und egal wie sehr die Dinger sich wehren und zicken: Benutzt bitte niemals einen Schraubenzieher! Sowas geht immer ins Auge und wir höchstens den Lackierer eures Vertrauens glücklich machen.
Früher während meiner Sturm-und-Drang-und-Tuning-Zeit hätte ich bei solchen schwarzen LED-Blinker sicher Luftsprünge gemacht. Mittlerweile rümpfte ich bei solchem Zubehör-Zeug eher die Nase. Leider hatte ich in diesem Fall keine große Auswahl. Auch dazu später mehr.
Zuerst ein kleiner Tipp zum Schonen eurer Nerven: Es gibt keinen größeren Super-GAU als das Hineinfallen des Kabelbaums in den Kotflügel. In einem solchen Fall hilft nur der Abbau des kompletten Kotflügels, und das solltet ihr euch ersparen. Wickelt deswegen einfach ein Klebeband um das Kabel und klebt es auf das Blech. So könnt ihr in Ruhe werkeln.
Der Einbau auf der Fahrerseite war einfaches Plug-n-Play. Einziger Unterschied zum Original-Leuchtkörper ist die plötzliche Wichtigkeit der Polarität: Schließt ihr eine LED falsch herum an, geht sie zwar nicht kaputt, aber sie leuchtet nicht. Deswegen: Zuerst ausprobieren und dann final einbauen.
Bis hierhin könnte man von Routine-Arbeit sprechen. Bis hierhin.
Denn die Beifahrerseite entpuppte sich als absolute Katastrophe. Dass ich den Blinker unrettbar verrottet vorfand, war eine Sache. Richtig schlimm wurde es aber bei der Inspektion des Seitenblinker-Kabelbaums. Hier einmal der Vergleich in der Detailaufnahme: Links die noch leuchtende Fahrerseite und rechts die verschmodderte Beifahrerseite.
Wie man gut erkennen kann, hat sich die Feuchtigkeit des Seitenblinkers bis in den Kabelbaum gezogen. Wenn man genau hinschaut, erkennt man in der weißen Buchse auf der linken Seite zwei silberne Kontaktstifte, in die der Stecker des Kabelbaums einrastet. Bei der Beifahrerseite sind die schlicht nicht mehr vorhanden, da sie wahrscheinlich durch die rostig braune Brühe langsam weggerostet sind. Und nicht nur das: Teile der Metalstifte steckten leider noch im Stecker des Kabelbaums. Das Ergebnis lässt jede Meisterwerkstatt auf ein Bombengeschäft hoffen: Den Blinker zu tauschen reicht hier nicht mehr. Der Stecker – und somit automobiltechnisch der ganze Kabelbaum – ist ein Fall für den Sondermüll und müsste ausgetauscht werden.
Also theoretisch: Kotflügel runter, Kabelbaum bis zum Sicherungskasten unter dem Lenkrad rausfleddern, neuen Kabelbaum rein, Kotflügel wieder drauf und neuen Seitenblinker verbauen.
Ihr könnt ihr euch sicher vorstellen, dass dabei die Materialkosten wahrscheinlich den geringsten Anteil an der sanftigen Rechnung stellen würden.
Aber nicht mit mir! Sowas sehe ich als persönliche Herausforderung, schließlich habe ich E-Technik studiert.
Jetzt versteht ihr sicher auch, weswegen ich unbedingt Ersatzteile mit Kabeln brauchte. Der Stecker wurde kurzerhand vom Kabelbaum abgeschnitten. Stattdessen würde ich die Kabel neu verlöten müssen. Hier zahlte es sich richtig aus, dass ich seit Conny und meinem Kanada Urlaub Roadtrip einen 12V auf 220V-Adapter für’s Auto habe. Somit kann mein BMW gleich den passenden Strom für meinen (leicht antiken) Lötkolben liefern, während ich an den Blinkern arbeiten. Genial, oder?
Bevor ich die beiden Kabel zusammen braten konnte, musste zu erst wieder die Polarität herausgefunden werden. Kaum zu glauben: Die Herstellen aus Taiwan hatten sich doch tatsächlich an 50% der gängigen Farbcodes gehalten und das schwarze Kabel dem Masseanschluss zugeordnet. Normalerweise kann man davon ausgehen, dass Kabelfarben so gut wie niemanden mehr interessieren und einfach nur die Strippe in der Farbe montiert wird, die eben gerade rumliegt. Nächster Schritt: Das Zusammenlöten der Kabel. Mit dem Ergebnis bin ich sogar sehr zufrieden: Schöne glänzende Lötstellen wie aus dem Bilderbuch. Das sollte halten.
Als Perfektionist fehlt nun noch der letzte Schliff: Damit der Gammel nicht wieder in das Kabel kriecht und das Zinn angreift, muss die Lötstelle wetterfest verpackt werden. Gegen Kurzschlüsse im Inneren des Kotflügels würde theoretisch ein einfaches Isolierband oder das gute alte Tape reichen. Aber zum Schutz vor Feuchtigkeit nehme ich dafür Schrumpfschläuche. Die werden vor dem Verlöten über jeweils ein Kabelende geschoben, danach über die Lötstelle positioniert und mit einem Feuerzeug geschrumpft. Et voilà: Schöner geht’s nicht:
Im letzten Schritt wird das neue Blinkerglas wieder in seine Position geklipst und hält dort hoffentlich länger als sein Vorgänger. Vom Aussehen her bin ich leider nicht wirklich überzeugt. Zwar habe ich mit meinen neuen Blinker der Anti-Chrombewegung entgegen gewirkt und besitze nun etwas mehr Bling-Bling an meinem Auto, dafür ist die Passform wirklich unter aller Kanone. Mir ist es einfach schleierhaft, wie man beim Nachbau eines Blinkergehäuse so schlampig arbeiten kann. Dass man nicht mal eine so simple Passform nachbauen kann. Vielleicht bin ich aber einfach nur ein wenig zu penibel.
Wichtig ist jedoch, was am Ende rauskommt. Und das ist selbstverständlich das Ergebnis meiner heutigen TÜV-Untersuchung. Rein in die Halle und rauf auf die Bühne. Viele kritische Blicke und einige rabiate Bremsmanöver auf dem Teststand später gab es die neue Plakette mit dem Zusatz: “Ohne erkennbare Mängel”.
Yeah, so mag ich meine Autos. Mängelfrei. :D
Auch wenn ich nicht E-Techniker bin: “Polarisation” ist ein Begriff aus der Optik. In der Elektrik spricht man üblicherweise von “Polarität” ;-)
@Ingo: 100% Recht hast du!
Das kommt davon, wenn man als E-Techniker auch noch mit Begeisterung fotografiert: Man kommt einfach mit den Begrifflichkeiten durcheinander. Ich gelobe Besserung :D
LG Phil