Die perfekten HDR-Urlaubsfotos – “HDR projects platin” von Franzis im Test
Vor kurzem habe ich über Facebook mitbekommen, dass die Softwareschmiede Franzis für ihr Produkt HDR projects platin Blogger und Fotografen als Tester sucht. Klar, dass ich als großer HDR-Fan gleich neugierig war und meine flammende Bewerbung raus schickte. Die Zusage kam prompt und binnen Sekunden war ich im Besitz einer Testversion der 64-bit Ausgabe. Meinen ausführlichen Bericht und meine Erfahrungen möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
Fangen wir mit dem Thema “HDR” an, das die Fotowelt durchaus spaltet.
Manche bekommen beim Anblick der leicht impressionistisch angehauchten Fotos eher das kalte Kotzen und bemängeln die fehlende Realität. Andere wiederum können die Sättigungsregler gar nicht weit genug nach oben drehen und mögen es einfach quietschbunt und surreal.
Ich befinde mich da eher in der Mitte. Als großer Freund von HDR-Aufnahmen liebe ich die wahnsinnige Ausdruckskraft dieser Fotos. Dabei ist es mir allerdings eher wichtig den Eindruck des menschlichen Auges nachzuahmen als das Bild zu künstlerisch zu machen.
Natürlich darf’s manchmal auch bei mir eine Schippe mehr Kontrast sein, aber den über 11.000 Klicks auf meinem HDR-Timelapse Building 159 nach zu urteilen, scheint der Look gut anzukommen:
Schreiten wir nun aber zum großen Test.
Das Beispielbild:
Der Effekt auf dem unten stehenden Bild aus St. Tropez dürfte jedem schon einmal im Urlaub passiert sein: Man fotografiert eine Gasse oder eine Straße und erhält ein latent komisches Bild, das einfach nicht so recht “gut” aussehen will.
Das menschliche Auge hat vor Ort nacheinander einen hellen Himmel und eine etwas dunklere Gasse gesehen. Unser Hirn speicherte beide Informationen getrennt ohne ausgeprägten Helligkeitszusammenhang und suggeriert uns im Nachhinein eine schöne Szenerie.
Die Kamera versuchte jedoch sowohl Himmel als auch Gasse gleichzeitig auf ein Foto zu bringen und scheiterte an den zu großen Helligkeitsunterschieden. Das Ergebnis kann nur ein Foto sein, auf dem entweder der Himmel oder die Gasse richtig belichtet ist.
Die Lösung dieses Dilemmas kann ein HDR-Bild bringen.
Das Ausgangsmaterial:
Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten ein gutes Bild dieser Gasse zu bekommen. Die erste Möglichkeit wäre eine Belichtungsreihe, bei der mehrere Fotos mit unterschiedlichen Belichtungen nacheinander aufgenommen werden ohne die Kamera zu bewegen. Heraus sollten mindestens drei Bilder kommen, die jeweils unter-, normal- und überbelichtet sind. Blättert mal im Handbuch eurer Knipse und sucht nach AEB bzw. Auto Exposure Bracketing
Die zweite Möglichkeit ist ein Fake-HDR aus einem RAW-Bild. Diese Methode bevorzuge ich, da man ohne Stativ vor Ort schlecht eine Belichtungsreihe knipsen kann ohne die Kamera leicht zu verkippen. Und glaubt mir: Drei Fotos in der Nachbearbeitung übereinander zu legen, die auch nur minimal nicht deckungsgleich sind, ist ein wahrer Krampf.
Der Trick des Fake-HDRs liegt in den zusätzlichen Bildinformationen innerhalb einer RAW-Datei, die denen in einem normalen JPG weit überlegen sind. Allerdings stößt man bei dieser Methode schneller an seine Grenzen als bei einer Belichtungsreihe.
Die Oberfläche des Programms
Franzis HDR projects platin besitzt eine recht einfach gestrickte Oberfläche, an deren Anfang der Import des Fotomaterials gestellt ist. Entweder man startet mit “Belichtungsreihe einladen” und mehreren JPG-Fotos oder mit der Option “HDR aus einem Bild” und einer einzigen RAW-Datei. Im letzteren Fall werden automatisch drei Fotos mit den Einstellungen EV-70%,0,EV+20% erzeugt.
HDRs erstellen
Sind die Bilder geladen, wechselt man in das Tonemapping/Post-Processing-Modul. Für Anfänger gibt es auf der linken Seite ein riesige Menge an Voreinstellungen, die von “Natürlich” über “Surreal” bis “Künstlerisch” reichen. Gerade am Anfang der Bildbearbeitung kann man sich durch diese Filter just for fun durchklicken. Die Profis sollten sich aber eher mit der rechten Seite des Programms beschäftigen. Hier kann man einzelne Tonemappings und Post-Processing-Effekte, wie zum Beispiel eine Graduationskurve, übereinander stapeln und fein justieren.
Die Gewichtung
Bis zu diesem Punkt war das Programm für mich ein anständiges Tool mit gutem Workflow. Das absolute Killerfeature, das ich bisher noch nirgendwo sonst gesehen habe, ist unter dem Programmpunkt Gewichte bearbeiten zu finden. Die Idee dahinter ist so einfach wie genial: Mit Hilfe von Pinseln kann ich dem Programm mitteilen, welcher Bereich in welchem Foto der Belichtungsreihe besonders gut abgebildet ist.
Der Screenshot verdeutlicht die Vorgehensweise: Im roten, unterbelichteten Bild ist der Himmel besonders gut getroffen, während im blauen, überbelichteten Teilbild die Häuser gut ausgeleuchtet sind.
Das Ergebnis
Ein Bild sagt mir als tausend Worte, deswegen gibt’s jetzt einfach mein Endergebnis:
Fazit
Gerade HDR-Bilder sind Kunstwerke, die man nicht “mal eben schnell” mit Programmen wie Paint oder XnView zaubert. Hier kommt’s wirklich auf gute Algorithmen im Hintergrund und präzise einstellbare Parametrisierung der Tonemapping-Filter an. Ohne sinnvolle Technik unter der Haube kommt nämlich wirklich nur quietschbunter Quark heraus.
HDR project platin überzeugt mich tatsächlich mit einem simplen Workflow, der aber durch die Stapelbarkeit der Effekte eine wahnsinnig gute Kontrolle über das Endergebnis ermöglicht. Die voreingestellten Filter sind aus meiner Sicht eher nur für blutige Anfänger geeignet. Dieses Stadium sollte man schnell überspringen.
Die Gewichtung ist für mich eine absolut neue Möglichkeit, von der ich mich wirklich frage, wieso erst jetzt erfunden wurde. Statt auf die Fähigkeiten des Tonemappings blind zu vertrauen, greift man dem Programm so ein bisschen unter die Arme und bekommt wesentlich bessere Ergebnisse.
Ebenfalls gibt’s Pluspunkte für die Stapelverarbeitungsfunktion: Wenn ich an die zig-tausend Fotos bei meinem HDR-Timelapse Video denke, würde für mich ein Programm, welches nicht bestimmte Einstellungen auf eine ganze Serie von Fotos anwenden kann, aus Zeitgründen überhaupt nicht mehr Frage kommen.
Ein kleiner Kritikpunkt ist jedoch die nicht immer ganz zuverlässige Vorschau. Hier werden die Effekte anscheinend auf Basis einer verkleinerten 1200px-Vorschau berechnet, so dass sich das Ergebnisbild in Originalgröße in vielen Fällen von der internen Prophezeiung unterscheidet. Schade, denn dadurch muss man kurz vor dem finalen Export manche Regler um ein paar Prozentpunkte nach oben schieben und der Benutzer befindet sich so ausgerechnet auf der Zielgerade im Blindflug.
Aus meiner Sicht ist HDR projects platin ein absolutes Profitool, mit dem sich erfahrene Kamerabenutzer und Fotografen in das Abenteuer HDR-Fotografie stürzen können. Wer professionelle HDRs erzeugen möchte, liegt hier goldrichtig.
Irre, unglaublich, kaum zu glauben, das es das gleiche Bild ist!!
Wirklich klasse Foto hinterher :-)
Etwas abseits vom Thema:
Du benutzt Windows? Hätte echt gedacht, du würdest eher von Apple gebrauch machen, gerade wegen Fotos, Bild- und Videobearbeitung.
Ja, ich benutze tatsächlich Windows :) Allerdings würde ich mir gerne einen Mac zulegen, aber irgendwie ist mir hier einfach der Preis zu hoch. Bei normalen PCs bekomme ich mehr Rechenpower für weniger Geld. Und gerade beim Videoschnitt kann man nicht genügend Leistung haben.
Somit ist mein iPhone im Moment noch Einzelgänger.
Hallo,
ist ja en mächtiges Programm und scheinbar gut nutzbar.
Geht das aber auch von einem jpeg-Einzelfoto ?
lG
Peter
@Peter: Das könnte leider sehr schwer werden. HDR beruht darauf, dass du mehr Informationen zur Verfügung hast, als du mit einem JPG darstellen kannst. Also quasi, dass du über die weißen, ausgebrannten Teile des Bildes (z.B. ein weißer Himmel) und die schwarzen Teile (z.B. eine dunkle Ecke) noch Informationen besitzt. Die können aber in einem JPG nicht gespeichert sein, sondern die sind entweder in einem RAW zu finden oder in einem anderen JPG, dass du zum Beispiel heller oder dunkler fotografiert hast.
Somit ist das leider nicht möglich.
LG Phil