Flug annulliert & umgebucht – Jetzt hat’s mich auch erwischt
Eigentlich fast unglaublich: Laut Statistik habe ich in meinem Leben 228 Flüge absolviert. Sowohl privat als auch geschäftlich bin ich dabei von größeren Problemen stets verschont geblieben: Geplante No-Shows bei Billigfliegern oder auch einmal ein verpasster Heimflug nach München waren da die grßten Malheure. Aber auch hier hielt sich der Schaden stets in Grenzen.
Gemäß Murphy’s Law musste es mich irgendwann einmal erwischen. So geschehen im letzten Monat, als ich gemütlich am Münchner Flughafen auf einen innerdeutschen Flug nach Leipzig wartete. Die Minuten bis zum geplanten Boarding verliefen fast zu ruhig. Für mich noch kein Grund zur Panik, da gerade unter der Woche der kurze Hüpfer nach Sachsen nicht immer voll ausgelastet ist.
Irgendwann sprach mit mich eine Dame in Lufthansa-Uniform an und fragte, ob ich denn auf den Flug nach Leipzig gebucht sei und schon über die Annullierung informiert wäre. Schlagartig legte ich mein Smartphone weg und schaute etwas verdutzt. Die Dame fuhrt fort: Die Maschine wäre nicht in München, sondern an einem anderen Flughafen, so dass der Flug nicht stattfinden könnte. Ich solle stattdessen einfach zum Lufthansa-Serviceschalter gehen und mich auf den nächsten Flug umbuchen lassen.
Wahrscheinlich war ich in diesem Moment etwas schlecht vorbereitet. Vielmehr hätte ich sekundengenau auf die Uhr schauen sollen und mir ein paar Informationen geben lassen: Wie heißen Sie? Was bedeutet “Die Maschine ist nicht in München” genau? Gab es ein Unwetter? Ist die Crew zu spät eingetroffen? Oder war es ein technischer Defekt? Eventuell sind dies Punkte, die mich im weiteren Verlauf noch Nerven kosten könnten. Aber weiter der Reihe nach.
Am Service-Schalter der Lufthansa wurde ich bereits erwartet. Ursprünglich wäre ich mit der Maschine um 11:10 Uhr in München gestartet und um 12:05 Uhr in Leipzig gelandet. Nach nur 30 Sekunden druckte mir der Lufthansa-Mitarbeiter bereits mein Ersatzticket aus: Ich wurde auf die nächste Maschine umgebucht. Nun sollte ich um 14:40 Uhr abheben und um 15:35 Uhr in Leipzig landen. Als erste Entschädigung erhielt ich einen 10€ Verzehrgutschein der Lufthansa, den jedes Restaurant am Flughafen annehmen würde.
Zuerst erfolgte die übliche Telefonorgie in solchen Fälle: Das Back-Office informierte ich über die Annullierung, mit dem Geschäftspartner in Leipzig wurde das Meeting in den späten Nachmittag bzw. frühen Abend gelegt. Dann waren alle wichtigen Dinge geklärt und das lange Warten konnte losgehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit am Flughafen kam ich schließlich in Leipzig an. Das Meeting war ein Erfolg, auch der Rückflug klappte wunderbar. Doch nun kümmern wir uns einmal um den vermurksten Hinflug.
Entschädigung bei Flugausfall – Jetzt will ich’s wissen
Über die genauen rechtlichen Grundlagen der Verordnung 261/2004/EG möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen. Grundsätzlich gibt das Werk der Europäischen Union genügend Lesestoff für einen verregneten Sonntag her. Auch die kleinen Leistungen wie das kostenfreie Telefonat oder die Essensgutscheine interessierten mich nur am Rande.
Das Wichtige dieser Verordnung: Bei meinem Flug handelte es sich um eine Flugstrecke kleiner gleich 1500km. Die maximale Entschädigungssumme liegt hier bei 250€ für den Fluggast, und zwar egal wer den Flug gebucht hat, ob dieser privat oder geschäftlich oder ob das Ticket viel oder wenig gekostet hat. Die Summe dient der reinen Entschädigung des Geschädigten. In meinem Fall also ich selbst, der einige Stunden am Münchner Flughafen herum warten musste.
250 Euro sind zwar eine nette Summe, allerdings kein Betrag für den sich ein nervenaufreibender Dialog mit der Airline lohnt. Mein Freund Ingo von reise-wahnsinn.de kann ein Lied vom Kunden-Monolog mit der Lufthansa reden, weswegen für mich von Anfang an die Beauftragung eines Anwalts als einzige Möglichkeit in Frage kam. Genau diesen Weg möchte ich euch an dieser Stelle so detailliert schildern wie möglich. Eins vorweg: Das genaue Ergebnis kenne ich noch gar nicht, und lasse mich selbst überraschen. Dies hier ist also der erste Teil von eventuell mehreren Episoden.
Anbieter gibt es viele im Internet, und alle funktionieren nach dem gleichen Prinzip: Man gibt die Daten des Fluges ein, stellt dem Vertragsanwalt des Portals eine Vollmacht aus und hat stets keinerlei Kosten. Im Erfolgsfall zwackt sich zwar sowohl der Betreiber der Webseite als auch der Anwalt eine Provision von der Entschädigungssumme ab. Den Rest darf der Fluggast – in diesem Fall ich selbst – behalten. Aus meiner Sicht ein fairer Deal, zumal mit den Mitteln eines Ottonormalverbrauchers wenig bis gar nichts bei einer Airline erreichbar zu sein scheint (siehe die Story bei Ingo).
In den kommenden Tagen werde ich den Fall offiziell an den Anwalt eines solchen Portals übergeben. In einer gewissen Weise tut es mir sogar leid, dass ich Lufthansa gleich einen Anwalt auf den Hals hetzte. Andererseits wurmt mich die Annullierung schon ein wenig. So blieb beim Boarding ein kleiner negativer Beigeschmack: Alle umgebuchten Passagieren des annullierten Fluges passten prima in den nächsten Flug.
Ich kann nur spekulieren und werde natürlich nie eine Antwort finden: Hat Lufthansa hier etwa knallhart kalkuliert? War der Flug so schlecht gebucht, dass selbst im Falle von umfassenden Entschädigungszahlungen für jeden einzelnen Passagier, das Ausfallenlassen des Fluges wirtschaftlicher gewesen wäre? Ein Schelm wer hier Böses denkt.
Unten den zahlreichen Anbietern habe ich mich übrigens für fairplane.de entschieden, da ich hier einen persönlichen Kontakt besitze. So konnte ich mir auch die schriftliche Erlaubnis einholen, Screenshots für meinen Blog zu nutzen und so die kommende Story etwas besser zu bebildern.
Geld erhalte ich von der Seite übrigens für diesen Blogpost nicht. Ich schreibe diese Zeilen hauptsächlich, da es sicher für andere auch recht nützlich sein könnte. Wie oben beschrieben, hat selbst mich als Flugprofi die Annullierung eines Flug ziemlich unvorbereitet getroffen.
Und natürlich schreibe ich diese Berichte auch, um meinem Ärger – hoffentlich verständlicherweise – ein wenig Luft zu machen.
… Fortsetzung folgt
Hi Phil,
ich denke das ist bei Lufthansa wirklich knallhart kalkuliert.
Bin zwar bisher selten mit Lufthansa geflogen(gottseidank???;D)
aber vorstellen kann ich mir das sehr gut. Ist doch genau wie
mit dem Überbuchen bei Langstreckenflügen.
Hab vor längerer Zeit mal ein Gespräch bei Starbucks am Airport
Düsseldorf mitgekriegt, dort saß ein Jurist eines solchen Portals
zufällig.
Als einige Passagiere eines annulierten Lufthansa Fluges dort eintrafen
und erstmal ihrem Ärger Luft machten, konnte er sofort einige
Fälle eröffnen.
Das war noch bevor die Umstellung auf German- bzw. Eurowings erfolgte.
LG Stefan
Hi Phil,
da hast du bisher echt wahnsinnig Glück gehabt… und dann jetzt sogar noch auf einer unkomplizierten Strecke mit mehreren täglichen Flügen – komplizierter wird es ja, wenn es an dem Tag keine weiteren Flüge zu der Destination mehr gibt.
Flüge werden sicher eher selten rein aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen, was ich mir jedoch gut vorstellen kann ist, dass manchmal Flugzeuge umdisponiert werden. Beispiel du hast in MUC eine gewisse Reserveflotte, die jedoch plötzlich durch einige Verspätungen etc. betroffen ist. Um das Problem zu bekämpfen muss die Airline Flüge zu streichen um andere pünktlich durchführen zu können. Dann werden ja nicht unbedingt die gestrichen, bei denen die “geplanten Flugzeuge” betroffen sind, sondern die, die wirtschaftlich die geringsten Folgen haben, in dem Fall also leere Flüge mit wenig Business Class Passagieren etc.
Solche Entscheidungen werden auch bei Streiks sicher so getroffen und nicht nur von Lufthansa, sondern von allen Airlines. Das ist ja nichts weiter als wirtschaftliches handeln. :-)
Ob das jetzt in deinem Fall zutrifft weiß ich natürlich nicht, kann natürlich auch gut sein, dass das Flugzeug einfach nur nicht rechtzeitig kam.
Jan, ich kann schon mal ein wenig das Ergebnis vorweg nehmen: Die Zahlung der Lufthansa erfolgte so schnell, dass ich fast schon zu positiv überrascht war. Hier hatte man jedenfalls keine Sekunde gezögert und direkt überwiesen. Das scheint mir zumindest zu zeigen, dass man den wirtschaftlichen “Schaden” von Ausgleichszahlungen einkalkuliert hatte.
LG Phil
Hi Phil
Du hast Dich ganz bewusst entschieden, hier mal wieder LH bashing zu betreiben, wie so oft, ob nun offen oder subtil und in diesem speziellen Fall um ganz klar Werbung für ein Factoring Unternehmen zu machen. Dass du davon keine Vorteile hast, wage ich anzuzweifeln…”Ein Schelm wer hier Böses denkt.”
Und noch eine Bemerkung zu deiner kruden Denkweise.
Nicht Du bist der Geschädigte, sondern Dein Arbeitgeber, der Deine ungenutzte Arbeitzeit bezahlen muss.
Wäre ich Dein AG, würde ich spätestens nach diesem Artikel das Geld von Dir einfordern, notfalls auch über den Rechtsweg, was ja schon einigen Firmen gelungen ist bzw. viele Firmen haben das in deren Dienstreiserichtlinien oder Arbeitsverträgen eingearbeitet.
Hallo kritischer Leser,
auch deinen Kommentar lasse ich gerne gelten. Deine Meinung respektiere ich, allerdings möchte ich dich gerne auf den genauen Wortlaut der Verordnung 261/2004/EG aufmerksam machen:
Du findest das Dokument hier zum nachlesen: http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:439cd3a7-fd3c-4da7-8bf4-b0f60600c1d6.0002.02/DOC_1&format=PDF . Der kopierte Passus befindet sich auf der fünften Seite. Du siehst: In der Verordnung ist eindeutig der Fluggast als Adressat der Entschädigungsleistung genannt.
Wenn du als mein fiktiver AG diesen Anspruch von mir einfordern würdest, so würdest du dich auf etwas berufen müssen. Diese Begründung würde ich selbstverständlich prüfen und dann entscheiden, ob deine Forderung in Ordnung ist und dieser bei Zutreffen folgen.
Du siehst: Alles im grünen Bereich.
LG Phil