Reisebericht Zürich Tag 2 – Stadtrundgang durch Zürich: Platzspitz, Lindenhof, Grossmünster, Quaibrücke & Zürichsee
Am ersten Tag stand ein lange überfälliger Verwandtenbesuch an. Schließlich soll das Reisen ja nicht nur neue Horizonte öffnen, sondern darf auch ruhig alte Erinnerungen und Bekanntschaften auffrischen. Nach einem ausgiebigen Frühstück hatten wir eigentlich vor, den gemeldeten verregneten Tag zur ausgiebigen Erkundung der Einrichtung unseres Hotels zu nutzen.
Aber was war denn das? Strahlender Sonnenschein und angenehme Temperaturen?
Dieser Frühling mit seinem immer-währenden April wird mich noch irgendwann ins Grab bringen.
Unser Hotel lag direkt neben einem Stadtpark mit dem äußerst passenden Namen Platzspitz. Der Name rührt wahrscheinlich von seiner dreieckigen Form, an deren Spitze die Limmat und die Sihl zusammen fließen. Während die Sihl von Westen her kommend die Stadt Zürich umfließt, handelt es sich bei der Limmat um den einzigen Abfluss aus dem Zürichsee.
Seine Funktion als Naherholungsgebiet hat den Platzspitz übrigens erst seit kurzem. Lange Zeit versuchte man die Drogenabhängigen in Zürich besser unter Kontrolle zu halten, indem man den Konsum von allerlei Substanzen innerhalb dieses Parks legalisierte. Das Experiment scheiterte jedoch, und so musste die Polizei 1992 das mittlerweile als Needlepark bekannte Gebiet räumen und schließen. Erst im Juni 1993 wurde der Park unter strenger Bewachung erneut geöffnet.
Als bekennende Wasserratte war der Zürichsee unser Ziel des Tages. Wir folgten der Limmat immer weiter in Richtung Süden und standen kurz hinter dem Landesmuseum Zürich in der Mitte der Altstadt.
Im Jahr 1986 erntete die Baudirektorin Ursula Koch großes Erstaunen als sie in einer Diskussion über die Stadtgestaltung von Zürich lauthals den Satz „Zürich ist gebaut!“ brüllte. Ganz Unrecht hat die Dame wirklich nicht, denn die Bebauung links und rechts der Limmat dürfte bis aufs Maximum ausgereizt sein. Obwohl Zürich nur knapp 394.000 Einwohner besitzt, erstreckt sich das Einzugsgebiet auf weit über eine Million Menschen. Dementsprechend rar ist der Wohnraum und bei den Mietpreisen traut man sich kaum noch von “nur” einem astronomischen Niveau zu sprechen. Als Wahl-Münchner kommt mir das doch irgendwie bekannt vor.
In der historischen Bausubstanz fallen besonders die alten Zunfthäuser am Ufer der Limmat auf. Ähnlich wie in München hat man sich auch hier den Erhalt der altehrwürdigen Gebäude auf die Fahnen geschrieben. Im Gegensatz zur bajuwarischen Metropole ist man dennoch in Sachen Neubauten wesentlich pragmatischer. Voll-verglaste Wolkenkratzer wie der Prime Tower sind nicht verpönt und auch großformatige Plattenbausiedlungen scheinen mit dem Stadtbild vereinbar.
Wir entschieden uns lieber für eine genauere Betrachtung der alten Gebäude mit ausreichend Geschichte statt ausreichend Glas und steuerten den Aussichtspunkt Lindenhof an. Diese markante Erhebung war schon zu Zeiten der Römer ein zentraler Punkt der damaligen Festung und zieht auch heute Touristen und Einheimische an wie ein Magnet. Die Aussicht ist aber auch herrlich!
In völliger geistiger Umnachtung entschied sich die Stadt Zürich im Jahr 1865 nach einem Sturm für die Neugestaltung des Lindenhofes und entsorgte dabei die alten Linden und pflanzte stattdessen Kastanien, Akazien und Götterbäume. In Ermangelung eines Internets zu dieser Zeit beließ es die Bevölkerung bei einem verbalen Shitstorm mit Fackeln und Mistgabeln, so dass die Verantwortlichen nach immerhin 35 Jahren die neuen Bäume entfernten und wieder Linden eintopften.
Eine durchaus lustige Anekdote, wie ich finde.
Aber kommen wir nun zu der prägnantesten Sehenswürdigkeit von Zürich: Dem Grossmünster. Mit seinen 60 Meter hohen Doppeltürmen ist er nicht nur das heimliche Wahrzeichen der Stadt, sondern auch mein absolutes Lieblingsmotiv des Tages. Man achte auf den folgenden Fotos übrigens auf den Anblick der Schweizer Zentralalpen im Hintergrund. So eine Aussicht bei gemeldetem Dauerregen und schlotterkalten Temperaturen! Sagte ich schon, dass dieses Wetter bzw. diese Wetterberichte mich irgendwann ins Grab bringen werden?
Das Grossmünster überzeugt mich nicht nur durch seine neugotische Bauweise und seine schiere Größe, sondern auch durch seine Geschichte. Im Jahre 1524 war es die Wirkstätte von Huldrych Zwingli, der ähnlich wie der Reformator Martin Luther den Grundstein für die evangelisch-reformierte Kirche legte. Klar, dass er bei seiner Haustür mit dem Fegen anfing und somit das Grossmünster zur ersten Kirche seiner Glaubensrichtung ernannte.
Seine Mission bzw. Reformation glückte zwar ähnlich wie die von Luther – Zwingli musste jedoch einen hohen Preis für seine Ansichten zahlen. Im 1531 wurde er im Zweiten Kappelerkrieg ermordet und gevierteilt.
In meinen zahlreichen Urlauben in der Schweiz habe ich eine Sache absolut verinnerlicht: Der Schweizer ist er dann glücklich, wenn er jeden Fleck mit einem öffentlichen Verkehrsmittel erschlossen hat. Kein Berg ohne Seilbahn, kein Hügel ohne Gondel, kein Fluss und kein See ohne Schiffe. Und so ist auch die Limmat und der Zürichsee wunderbar mit Wasserbussen erschlossen, die im ganz normalen Tarifverbund operieren.
Wir bevorzugten dennoch den Fußmarsch und genossen jede Sekunde in dieser Stadt. Nachdem wir gut eine Stunde geschlendert hatten, erreichten wir die Grenze zwischen Limmat und Zürichsee: Die Quaibrücke.
Ein Blick zurück von der Quaibrücke in den Stadtkern von Zürich enthüllt noch ein besonderes Kleinod. Auf der linken Seite erkennt man wenn man genau hinschaut ein Fluss-Schwimmbad in der Limmat.
Die Schifffahrt hat in Zürich generell Hochkonjunktur, so dass alleine im Kanton Zürich bis zu 12000 Boote und Schiffe angemeldet sind. Mit seinen 42 Kilometern erstreckt sich der Zürichsee übrigens bis in die Nachbarkantone Schwyz und St. Gallen und war früher eine wichtige Handelsroute. Heute steht das touristische Sightseeing mehr als der Warentransport im Fokus. Und Ausflugsdampfer gibt’s hier definitiv mehr als genug.
Ich denke ich habe mit diesem Bericht vor allem eines getan: Endlich mein schändliche Behandlung der Stadt Zürich wieder gut gemacht. Für alle die nicht ganz wissen was ich meine: Bisher war es schon fast ein Running Gag, dass ich bei jeder Zugfahrt in der Schweiz in Zürich umgestiegen, aber dort noch nie länger als 20 Minuten geblieben bin. Meistens reichte die Zeit gerade einmal für einen Spaziergang um den Bahnhof und ein kleines Notfoto vom Limmatquai.
Wie versprochen bin ich dieses Mal für ein paar Stunden länger geblieben.
Hi Phil,
schöne Geschichte über Zurich, ich finde die Stadt auch sehr schön und in einem der Zunfthäuser habe ich einmal sehr gut gegessen, danke für die schönen Bilder und die historischen Hintergründe, einen schönen Feiertag, Dad
@Dad: Schön, dass dir die Bilder und die (teilweise doch schaurige) Geschichte von Zürich gefallen. Wie oft warst du eigentlich schon in Zürich?
Sehr schöner Bericht über Zürich. Ich finde es immer total interessant wie andere die Stadt erleben. Ich finde es hier auch total schön. Viele Grüße aus Zürich
@Malapascua: Zürich ist aber auch eine wunderschöne Stadt! Hast du schon mein Reisevideo über Zürich gesehen?
LG Phil