Reisebericht Zürich Tag 3 – Wanderung auf den Uetliberg, dem schönsten Hausberg von Zürich
Ganz ehrlich – Kann man richtig in der Schweiz Urlaub machen, ohne nicht mindestens einmal eine Wanderung auf irgendeinen Gipfel zu unternehmen? Ich persönlich kann mir das einfach nicht vorstellen und muss diese Frage mit einem klaren Niemals! beantworten.
Und so nutzten wir an diesem Tag die einigermaßen stabile Wetterlage um auf Zürichs Hausberg zu klettern: Den Uetliberg mit einer Höhe von schwindelerregenden 869 Metern über Null. Da Zürich auf 408 Metern liegt, hatten wir also einen moderaten Anstieg von 461 Metern vor uns.
Natürlich konnten es auch die Zürcher nicht tolerieren, dass ihr persönlicher Hausberg ohne Eisenbahnanbindung auskommt. Und so bauten sie nicht nur die steilste normalspurige Adhäsionsbahn Europas vom Zürcher Hauptbahnhof bis zur Bergstation, sondern deklarierten die Bahn auch gleich als S-Bahn. Für alle, die mit Eisenbahn überhaupt nichts am Hut haben: Eine Adhäsionsbahn ist das Gegenteil einer Zahnradbahn: Die Haftung des Zuges auf den Gleisen kann also gerade noch allein durch die Reibung erzeugt werden. Leider führt die Strecke gleich durch drei Tarifzonen, so dass die Fahrt mit 6.60 CHF ziemlich happig ist.
Aber wir wollten ja sowieso wandern.
Ohne großartige Ortskenntnis zu besitzen, navigierte ich Conny und mich erst einmal aus der Stadt in Richtung Triemli, bevor wir dann das Stadtgebiet verließen und in den Wald eintauchten. Das hört sich nicht nur in Textform komisch an, auch die Veränderung der Geräuschkulisse ist deutlich wahrnehmbar: Gerade eben befanden wir uns noch in den dicht bebauten Häuserschluchten der größten Stadt der Schweiz, während im nächsten Moment jegliche Stadtgeräusche durch das Ast- und Blätterdickicht verschluckt werden.
Ich hatte den Weg vorher nur grob über den Daumen gepeilt und dabei ausgerechnet, dass wir für ungefähr 7 Kilometer gute zwei Stunden unterwegs sein würden. Leider hatte ich den mäanderförmigen Weg zu optimistisch eingeschätzt, so dass es im Nachhinein doch stolze 9 Kilometer wurden, für die wir fast die drei-Stunden-Grenze rissen. Natürlich könnte diese Fehleinschätzung auch auf der Absicht beruhen, Conny durch eine niedrigere Distanz nicht zu sehr von der Wanderung abzuschrecken.
Aber eine solche Theorie lässt sich im Nachhinein so gut wie überhaupt nicht beweisen …
Da ich schon in der vorherigen Woche in Österreich super Erfahrungen mit meinem Tracker gemacht hatte, habe ich ihn auch hier mitlaufen lassen. Wer die Strecke nachwandern will, kann sich gerne mit dieser Karte orientieren. Eine Beschilderung vor Ort ist nur spärlich vorhanden.
So ziemlich in der Mitte des Tracks sieht man, dass wir an einer Stelle umkehren mussten. Klassische Fehlnavigation, denn ich hatte mein Kartenmaterial falsch interpretiert. Da der Uetliberg schon immer ein sehr beliebtes Sportgebiet für Mountainbiker gewesen ist und sich schnelle Fahrradfahrer und langsame Wanderer immer öfters in die Quere kamen, wurde 2005 ein Trail nur für Mountainbiker eröffnet. Diese 3,5km lange Strecke stürzt sich teilweise in atemberaubenden Bergab-Passagen ins Tal und sollte wegen der Kollisionsgefahr mit den Drahteseln von Fußgängern tunlichst vermieden werden. Auch wir wurden erst einmal kräftig von Velo-Sportlern ermahnt und so schließlich zwangs-umgeplant.
Jeder Aufstieg hat irgendwann einmal ein Ende, und so konnten wir auch nach knapp drei Stunden endlich unsere Füße auf den Gipfel setzen und die Aussicht genießen.
Leider hatte sich die Wetterlage nicht unbedingt gebessert, so dass eine doch recht unschöne Suppe über der Stadt lag. Für diesen Überblick hatte sich die Wanderei aber trotzdem gelohnt.
Auf der anderen Seite des Sees konnten wir den eigentlichen Plan des Wetters erkennen: Dunkle Wolken versperrten an diesem Tag die Sicht auf die Alpen und auch der Beginn eines kräftigen Schauers konnte nur noch eine Frage von Stunden sein.
Wir genossen so noch kurz die Aussicht, machten uns dann aber trotzdem an den Abstieg.
Nach wenigen Minuten merkten wir, dass ein kompletter Rückmarsch zu Fuß vielleicht doch keine so kluge Idee war. Zwar waren wir an der Bergstation Uetliberg schon lange vorbei gelaufen, dennoch zwitscherte uns ein Vögelchen, dass die Haltestation Ringlikon nicht mehr weit entfernt sein könnte.
Mitten im Wald kam mir der fromme Wunsch nach einer S-Bahn Station zwar etwas lächerlich vor, dennoch sollten wir nach der nächsten Lichtung eines Besseren belehrt werden. Es ist generell ein ziemlich komisches Gefühl, wenn man mitten im Wald auf Schienen trifft und ein Zug direkt vor der eigenen Nase ins Tal fährt.
Tatsächlich dauerte der nun folgende Fußmarsch keine fünf Minuten mehr, bis wir die Station Ringlikon erreichten. In Deutschland kann man froh sein, wenn ein Automat an einer S-Bahn Haltestelle eine stinknormale EC-Karte frisst. In Ringlikon nahm man selbst mitten im Wald anstandslos meine Kreditkarte. Auch die Beschilderung der Haltestelle ließ so manchen deutschen Nebenstrecken-Bahnhof alt aussehen: Wartehäuschen und digitale Anzeigen sind hier Ehrensache. Die Schweizer können halt Bahn fahren.
Selbst an diesem Pfingsmontag wurde die Strecke im 20-Minuten-Takt bedient, so dass wir nach kurzer Rast bereits ins Tal ratterten.
Den Rest des Abends ließen wir dann ruhig angehen. Denn schließlich wartete am nächsten Tag erneut eine 5-stündige Busfahrt auf uns. Und hätte ich gewusst, was da für eine Ritt auf uns wartet, wäre ich wahrscheinlich noch früher ins Bett gegangen. Aber mehr dazu im nächsten Post.
Ist das nicht eine tolle Stadt? Du hast einen See, du hast die Berge, kannst toll wandern und hast deine Ruhe. Danke für die gute Unterhaltung. Einen schönen Sonntag noch.
@Dad: Zürich hat echt eine Menge zu bieten. Mit einem See und einem Hausberg hat man echt super Sportmöglichkeiten vor der Haustür. Das hat nicht jede Stadt. Dir auch einen schönen Sonntag.
Hallo Phil
Echt schöne Bilder von meinem Hausberg runter auf Zürich! Ich nannte die Gegend während Jahren mein Zuhause und bin oft am Feierabend schnell auf den Üetli hoch gerannt. 3 Stunden scheint mir dann doch eine seeeehr gemütliche Wanderung! Aber offenbar hat’s Spass gemacht!
Guck doch mal schnell in meine Webseite rein, da ist aus aktuellem Anlass auch gerade Zürich ein Thema ….
PS: Ich bin schon lange auf der Suche nach einem Tool, um Steigungen anzugeben. Jetzt sehe ich bei dir unter der Karte eine interaktive Grafik, die das tut. Hast du mir die Quelle?
Danke und herzliche Grüsse, Mona
@Mona: Diese Grafik wird ganz einfach durch das Open-Street-Map-Plugin generiert. Beim Aufzeichnen von Geodaten werden nicht nur die x,y-Position gespeichert, sondern auch die jeweilige Höhe deines aktuellen Ortes. Das Plugin gibt es für jede WordPress-Installation völlig umsonst.
Und ja … wirklich schnell waren wir nicht beim Wandern.
LG Phil