Tag 1 – Hinflug nach Prag (MUC – PRG), Wenzelsplatz, Pulverturm, Karlsbrücke & Petřín
Das mit den Tagesrandflügen ist ja so eine Sache: Hat man keinen, flucht man wie ein Rohrspatz, dass man den kompletten Tag nur für den Hin- und Rückflug wegschmeisst und wertvolle Urlaubszeit sinnlos in der Luft oder in sonstigen Verkehrswegen verbringt. Hat man hingegen einen Tagesrandflug erwischt, könnte man die Wand hochgehen wenn der Wecker irgendwann mitten in der Nacht klingelt, nur damit pünktlich zu seinem Flug um kurz nach sieben antanzen darf.
In meinem Fall endete die Nacht mitten in einer REM-Phase, für’n Kaffee war keine Zeit mehr und irgendwie konnte sich das Wetter nicht entscheiden ob’s jetzt kalt oder warm werden soll. Und so fuhr ich nachts im August mit Sitzheizung in Richtung Flughafen. Dafür klappte mein neuester Sparfuchs-Versuch wie am Schnürchen und bewahrte mich vor dem finanziellen Ruin vor dem Kassenautomat der Parkplätze in MUC.
Dank großzügigem Sicherheitspuffer verlief am Flughafen alles nach Plan. Im Terminal 2 richtete ich mal wieder massivsten Schaden an den Lufthansa-Kaffeeautomaten an. Denn merke: Der Kaffeebedarf an den Gates G und H folgt folgender Formel in Abhängigkeit von der Abflugsuhrzeit.
Aber nun zurück zum Thema Reisebericht:
Für die folgenden Worte muss ich mich ja fast im Keller verstecken: Aber dieser Flug war nicht nur meine erste Reise nach Prag, sondern auch noch mein persönlicher Typenerstflug einer Dash 8-Q400 und der erste Flug mit Augsburg Airways. Beziehungsweise das, was von dieser Fluggesellschaft noch davon übrig ist. Wenn ich mir vorstelle, dass ich von Augsburg morgens eine Stunde zum Münchner Flughafen fahre, nur um dort mit Augsburg Airways abzufliegen, muss ich mir ans Hirn greifen.
Egal. Es folgt nun ein Bild der dünnen, staksigen Angströhre.
Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, diesen Haarfön mit dem Attribut Q wie „Quiet“ auszustatten? Ok, auf Sitzplatz 5A saß ich nun wirklich nicht weit von den Heugabeln weg, aber der Geräuschpegel nervt doch ziemlich. Dafür war die Crew äußerst entspannt, und konnte sich während der 55 Minuten Flug prima um die 38 Passagiere kümmern.
Die mit Steckbriefen gesuchte Sommersonne fand ich übrigens nach einigen Minuten oberhalb der dicken Wolkendecke. Erst kurz vor dem Ziel riss die Suppe mal kurz auf, und ließ mich in einer großzügigen Schleife den ersten Blick auf Prag erhaschen.
Erster Gedanke: Hey, sieht ja aus wie bei Google Maps.
Nach der Landung rollte der kleine Vogel schnell zu seiner Position und ich konnte in aller Ruhe auf meinen Koffer warten. Ja, Koffer. Mein Stativ passt leider nicht mehr in meinen Handgepäckkoffer, so dass ich mir unbedingt meinen großen Rimowa einbildete. Nur was soll man da alles für zwei Tage einpacken? Die Billigflieger-Mentalität hat mich schon voll im Griff, jetzt weiß ich nicht mal mehr wie ich meine Freigepäckmenge ausschöpfe. Wirklich schwer war er dann auch nicht, als ich mit Koffer zum ÖPNV-Schalter im Ankuftsbereich in Prag schlenderte.
Die kleine Bude am Airport nimmt Münzen, Scheine und Kreditkarten. In die Innenstadt kommt man am besten mit dem Bus 119 den man bis zur Endstation Dejvická fährt.
Dort steigt man dann in die grüne Linie A und fährt zum Zentrum oder eben mit dieser oder einer anderen Linie zu seinen Hotel. Umgestiegen wird grundsätzlich an drei Stationen in der Stadtmitte.
Da ich erst mal mein Gepäck loswerden wollte, ging ich schnurstrakt zu meinem Hotel „Fortuna Luna“ im Norden der Stadt. Sicher hatte ich schon Aha-Erlebnisse bei besuchten Hotels. Aber noch nie ist mir ein derartiger Schauer über den Rücken gelaufen, als ich auf das Gebäude zu ging. Vielleicht liegt’s an der Farbe:
Ich überlegte mir kurz, ob ich nicht noch schnell eine Bank überfalle. Jedenfalls konnte in meinen Gedanken kein Gefängnis weniger Charme als dieser kaskadierte, russische Ausnüchterungsblock ausstrahlen. An der Rezeption wurde die Check-In-Dame leider von zwei Niederländern fest in Beschlag genommen, sodass ich mich entschied einfach nur meinen Koffer einzulagern und später wieder zu kommen. Also rein in die City.
Im Dusel hatte ich leider meine sämtlichen Prag-Karten und Fahrpläne im Koffer gelassen. Egal, die Orte hatte ich so grob im Kopf und für einen Fahrplan konnte ich mit Sicherheit irgendwo Ersatz finden. Beginnen wollte ich meine Erkundungstour am Wenzelsplatz (Václavské náměstí), den man an der Station „Muzeum“ der roten U-Bahn Linie C findet.
Der Platz, der dem ehemaligen Herrscher gewidmet ist, kann nur noch in Ansätzen als Platz erkannt werden. Vielmehr wirkt er wie eine langgezogene Prachtstrasse, die an beiden Flanken noch befahren werden darf. Der recht große teilweise begrünte Mittelstreifen, der in früheren Zeiten einmal als Fahrstrecke für Trams diente, ist den Fußgängern vorbehalten. Eine alte, ausrangierte Tram steht noch auf Originalgleisen in der Mitte und fungiert als Restaurant.
Apropos Wetter: Während es in München noch ekelhaft nass-kalt war, besserte sich das Wetter in Prag nur langsam. Aber ab meiner Ankunft in der Innenstadt riss die Wolkendecke auf, und ließ die Stadt erstrahlen. Klingt echt komisch, aber wenn die Sonne so richtig auf die alt-ehrwürdigen Gebäude knallt, dann kann man das geflügelte Wort „Prag – Die goldene Stadt“ durchaus nachempfinden.
Ein weiteres Highlight war für mich der Prager Pulverturm (Prašná brána). Architektonisch hochinteressant, war er früher einfach nur ein notwendiges Übel. Schließlich mussten ja irgendwo die Schwarzpulverbestände gelagert werden. Und da niemand das hochexplosive Gemisch in seinen eigenen vier Wänden wollte, brauchte man eben einen gut befestigen Turm, der sich im Fall der Fälle opfert, ohne großen Schaden anzurichten. Eine gute Idee, die jedoch in der Praxis scheiterte. Zum Glück nie in Prag, aber das Beispiel des Delfter Donnerschlags zeigt den Worst-Case.
Ein frühes Highlight bescherte mir der Altstädter Ring (Staroměstské náměstí), der nicht nur mich in seinen Bann zog. Trotz seinen gigantischen 9000m² Grundfläche war dieser zentrale Platz gut mit Touristen gefüllt, die teilweise sogar einfach auf dem Boden saßen und die Atmosphäre genossen. Hier mal ein paar Impressionen.
Die Astronomische Uhr:
Doch nicht nur Plätze sind in Prag sehenswert, selbst so manche Brücken sind einen genaueren Blick wert.
Von Pulverturm-Explosionen blieb Prag verschont, aber auch die Weltkriege erwischten die heutige Hauptstadt von Tschechien nur peripher. Gerade in Konflikten hatten Brücken oft das Nachsehen, und wurden aus taktischen Gründen gesprengt. Die Karlsbrücke (Karlův most) jedoch überlebte und ist heute exklusiv für Fußgänger nutzbar.
Gesäumt ist die Brücke mit allerhand Statuen von Heiligen. Manchmal hören sich die dazu passenden Geschichten allerdings auch komisch an. Zum Beispiel bei diesem Herren hier:
Der heilige Jan Nepomucký hatte während des großen Abendländischen Schismas das Nachsehen und wurde zum Tode verurteilt und postwendend von der Karlsbrücke geschmissen und somit ertränkt. Just im Moment seines Todes erschienen jedoch Symbole über seinem Kopf und den Leuten wurde klar, dass Nepomuk eigentlich doch ein recht cooler Typ war und erklärten ihn mal schnell selig & heilig und bauten ihm das pompöseste Grab im Veitsdom (Dazu mehr am Tag 2). Da hätten sie ihn doch einfach leben lassen sollen. Armer Kerl.
Als Tourist dürfte man in Prag so gut wie nie alleine sein. Auch bei mir war die Stadt gut gefüllt mit allerhand Nationen, so dass auf der Brücke immer ein recht großes Gedrängel herrschte. Auch wenn ich schon relativ lange auf den Beinen war, entschied ich mich für die Suche nach dem ultimativen „Blick von oben“ und steuerte auf den Petřín zu. Verfehlen kann man dieser Berg am Westufer der Moldau überhaupt nicht, da auf seiner Spitze eine mehr oder weniger genaue, kleinere Kopie des Eiffelturms sitzt.
Da ich immer noch keinen Ersatz für meine Stadtkarte besaß, entschied ich mich für die pragmatische Lösung und lief einfach immer die Straße entlang, die tendenziell Richtung Westen führte und irgendwie bergauf ging.
Dieser Plan klappte besser als ich dachte und nach nur etwa einer Viertelstunde erreichte ich die Spitze des Berges. Zwar war ich etwas außer Atem, aber das lag teilweise daran, dann ich keinen Bock auf die Serpentinen hatte, so dass ich gleich querfeldein marschierte.
Der Park auf der Spitze ist ein erstklassiges Nacherholungsgebiet. Es gibt ein Observatorium, eine Burg, jenen eiffelturmähnlichem Aussichtsturm Petřín (Petřínská rozhledna), ein Spiegellabyrith und ein paar Restaurants. Aber ein wirklich guter Aussichtspunkt ist (mit Ausnahme der kostenpflichtigen Spitze des Turmes) echte Mangelware.
Der Berg ist stark mit großen Bäumen bewachsen, so dass man quasi mindestens ein riesengroßes Gebüsch zwischen sich und der perfekten Aussicht auf Prag hat. Mindestens eine Stunde erkundete ich diesen Hügel, bis ich endlich zwischen ein paar Apfelbäumen die perfekte Stelle gefunden hatte.
Die Stelle erreicht ihr am besten von der Mittelstation „Nebozízek“ der kleinen Petřín-Standseilbahn. Diese eignet sich auch generell wunderbar für eine Erklimmung dieses Gipfels. Der Fahrpreis ist genau der gleiche, wie für den Rest des ÖPNVs auch. Wenn das mal nicht fair ist?
Hier endet der erste Tag auch schon, da mich ein kleiner abendlicher Schauer davon überzeugte den Heimweg anzutreten. Bei einem kleinen Supermarkt wurden noch schnell ein paar Vorräte getankt bevor ich dann den Gang nach Kanossa Weg in mein Hotel antrat.
Wider Erwarten ist das Zimmer durchaus zweckmäßig und bietet den Grundkomfort, den ein **-Hotel bieten sollte. Anständige Sauberkeit (*wow*), funktionierende Toilette im Zimmer (*yeah*) und warmes Wasser (*hurray*). Bis auf den Aussenanstrich im modischen Tupolev-Gedächnis-Grün/Türkis ist das Hotel durchaus brauchbar.
Der nächste Tag geht in Kürze online. Wenn euch der Bericht gefällt, dann liked doch meinen Blog auf Facebook oder subscribed meinen Youtube-Channel!
1) Ich werde dir bei Gelegenheit dieses zusammenschiebbare Reisestativ kaufen :D
2) Das Hotel erinnert mich eher an ein Krankenhaus, als an ein Gefängnis – aber ob diese Assoziation jetzt besser ist… :D
Wenns dich nicht stört, kommentiere ich auch ab und zu mal hier. Bin selber etwas reiseverrückt und lese auch gerne solche Berichte. Deine gefallen mir auch immer sehr gut mit der Aufteilung und den schönen Fotos.
Lustigerweise war ich vor 5 Jahren auch im Hotel Fortuna Luna. Als ich damals die Gegend und das Gebäude von außen gesehen habe, war ich mir auch nicht sicher, ob ich rein wollte, aber drinnen wars ja dann ganz okay.
Sind die Fahrstühle da auch noch so alte Metallteile aus den 80ern?
Najoa, sieht ja ganz so aus, als ob ihr da gut dem deutschen Regenwetter entkommen seid. :-)
Hi, immer her mit deinen Kommentaren! Was besseres gibt’s für einen Blogger doch gar nicht!
Die Aufzüge dürften noch genau die gleichen sein. Fühlen sich an wie aufm kalten Krieg und sind innen auch gut mit Edding und Feuerzeug beschmiert. Aber die Zimmer waren wirklich in Ordnung. Kein Luxus, aber da kenne ich deutlich schlimmere Bruchbuden.
Das mit dem Wetter ist so eine Sache … Bei Tag 2 hatte ich nicht ganz so viel Glück. Aber mei, schlechtes Wetter liegt im Auge des Betrachters ^^
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