Der Urlaubsfoto-Doktor bei der Arbeit II – Die Drachenfelsbahn in Königswinter
Sicher habe ich euch schon erzählt, wie wichtig Fotos für mich sind. Und da mein erster “Urlaubsfoto-Doktor”-Post richtig gut angekommen ist, zeige ich euch heute noch ein paar Tricks aus meinem digitalen Werkzeugkasten.
Vielleicht kennt ihr ja die folgende Situation: Ihr fotografiert ein gutes Motiv, aber dummerweise laufen euch ständig ganze Menschenmassen ins Bild. Die Lösung ist hier der Annoying People Filter.
Noch nie gehört? Kein Problem. In der heutigen Folge zeige euch die Anwendung an folgendem Foto der Drachenfelsbahn, mit der ich vor gut zwei Wochen in Königswinter gefahren bin.
Dieses Foto, das übrigens genau so als RAW aus meiner Kamera purzelte, ist im Prinzip annehmbar. Der Zug ist komplett drauf, ein Teil der “Ankunftshalle” mit dem Schriftzug ist gut lesbar und die Sonne stand für das Foto genau hinter mir. Beste Voraussetzungen für ein gutes Urlaubsfoto. Es wirkt zwar noch ein wenig flach und grau, aber das würden wir mit wenigen Handgriffen recht schnell hinbekommen.
Doch einzigartig ist dieses Foto ganz bestimmt nicht!
Jeder, der zur gleichen Zeit mit mir an diesem Ort war, hätte das Bild so knipsen können. Die Einzigartigkeit können wir nur erreichen, wenn unser Bild etwas besitzt, was keinem anderen Fotograf gelang. Und damit meine ich natürlich das Verscheuchen der Menschenmassen im Vordergrund.
Spiegelreflexkameras sind prädestiniert für schnelle Serienaufnahmen. Auch aus dieser Position schoss ich mehrere Fotos hintereinander, die Pi-mal-Daumen den gleichen Bildausschnitt zeigten. Im Gegensatz zum Széchenyi-Heilbad in Budapest musste ich hier auch nicht so sehr auf eine schnelle Bildrate achten.
Legen wir diese Bilder nun übereinander, fällt euch sofort auf worauf ich hinaus will. Die Menschen haben sich bewegt und somit ihre Positionen verändert. Damit ihr den Unterschied besser erkennt, habe ich die drei einzelnen Fotos unterschiedlich eingefärbt.
Hoppla, so ist das eher nur verworrener Pixel-Salat.
Ein Blick in die EXIF-Daten verrät, dass ich die Fotos mit unterschiedlichen Brennweiten (18mm, 22mm & 24mm) geschossen habe. Ergo müssen die Bilder zuerst richtig skaliert, leicht gedreht und dann grob auf die Zahnradbahn zentriert werden.
Jetzt seht ihr die Bewegung der Touristen sehr gut. Teile, die auf manchen Fotos verdeckt wurden, sind auf anderen vollständig vorhanden. Addiert man die Information aller Fotos, so kann man ein Bild mit GIMP oder Photoshop rekonstruieren, auf dem so gut wie keine Touristen zu sehen sind. Für den Rest und richtig kniffelige Stellen muss dann wieder der beliebte Clone Brush her.
Dies ist natürlich keine Sache von Sekunden. Hier braucht man Geduld und vor allem ein gutes Auge für Details. Nach getaner Arbeit haltet ihr dann ein erstklassiges Foto in den Händen.
Zum Vergleich gibt’s hier von mir eine GIF-Animation, die die Unterschiede zwischen dem Bild mit und ohne Touristen zeigt. Natürlich hätte man auch noch die Insassen des Zuges entfernen können, aber die stören ja nicht wirklich.
Achtung: Bedenkt, dass das GIF-Format eine geringere Farbtiefe hat. Deswegen wirkt die Animation etwas gröber als das Original.
Zum Schluss noch ein kleines Fazit: Ein solches Foto hat neben seiner Einzigartigkeit noch einen weiteren Vorteil: Je weniger Menschen darauf zu sehen sind, desto repräsentativer und professioneller wirkt das Ergebnis. Hier bewegen wir uns schon fast in Richtung Pressefoto.
Natürlich ist der digitale Annoying People Filter sehr, sehr aufwändig und benötigt wahnsinnig viel Zeit in der Nachbearbeitung. Plant man ein solches Foto, so kann ein extrem dunkler Grau- bzw. ND-Filter helfen. Die lassen nur sehr wenig Licht auf euren Sensor, so dass ihr selbst bei hellstem Tageslicht lange Belichtungszeiten realisieren könnt. Der Effekt ist hier ähnlich zur Serienaufnahme: In der langen Zeit werden laufende Menschen unsichtbar und erscheinen maximal als unscharfe Schleier.
Egal, wie ihr den “Filter” letztendlich einsetzt, eure Mühe wird mit erstklassigen Fotos belohnt. Ich habe auf diese Art zum Beispiel dieses fast menschenleere Foto vom Spiegelsaal im Château de Versailles realisiert.
Und ihr wollt gar nicht wissen, wie viele Leute dort eigentlich herum gelaufen sind.
Wahnsinn, wieviel Zeit du da rein steckst. Und auch spannend, das Ergebnis zu sehen. Allerdings ginge es als Pressefoto aufgrund der Bearbeitung eher nicht durch, Oder meinst du als Image-Foto der Bahn?
Liebe Grüsse,
Heike
@Heike: Stimmt! eher Image-Foto. Oder vielleicht einfach nur ein dokumentarisches Fotos. Oder aus meiner Sicht ein “schönes Foto” :) Ich bin nicht sehr Fan von Leuten, die mir andauernd vor die Linse kriechen.
Klar, Zeit geht natürlich jede Menge rein. Allerdings bin ich im Vergleich zu vielen anderen ein blutiger Anfänger.
LG Phil
Njaaaa…. Bin auch kein Fan von Leuten, die im Bild stehen – allerdings finde ich jetzt den leergefegten Platz ein bisschen zu … leer :D Aber als Image-Foto sicher geil! Die Anleitung ist aber allemal sehr gut und hilfreich! :)
Vielen Dank!
LG Claudi
Echt beeindruckend! Ich mag auch eher Fotos auf denen die Monumente im Vordergrund stehen und nicht die Menschen. Obwohl die wieder Leben ins Bild bringen. Bei dem Versaillefoto fällt mir auf , das sich eine Person im Spiegel spiegelt, die auf der anderen Seite gar nicht da ist… Oder ?
@Janett: Verdammt scharfes Auge hast du da! Da habe ich doch tatsächlich in der Spiegelung eine Person vergessen. So etwas ist natürlich die Kehrseite von stark bearbeiteten Fotos: Die Wahrscheinlichkeit, dass man patzt ist deutlich größer als bei einem Bild mit nur leicht angepassten Kontrast.
LG Phil
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