Reisebericht Berner Oberland Tag 1 – Hinfahrt in der 1. Klasse mit der SBB über Zürich und Bern
Endlich ging es wieder in die Schweiz. Nachdem dieses Ziel zu Beginn meiner Bloggerkarriere nur sehr spärlich auf killerwal.com in Form von Reiseberichten erschienen war, holt der neutralste aller Staaten nun so langsam wieder auf: Im letzten Jahr hatte sogar die Nicht-Hauptstadt Zürich ihr eigenes Reisevideo bekommen, in dem ich mich als großer Fan der Schweiz geoutet hatte. Nun war es höchste Zeit auch die Mitte des Landes näher unter die Lupe zu nehmen.
Und so begaben Conny und ich uns kurz vor dem langen Osterwochenende zu einer völlig unchristlichen Zeit auf die Straßen von Augsburg, um die lang geplante Reise nach Süden anzutreten.
Es dürfte nur wenige Gegenden im benachbarten Ausland geben, die mit einer derart großen Anzahl an verschiedenen Verkehrsmitteln angefahren werden könnten (wohlgemerkt: Ich rede von einer sinnvollen Anfahrt. Denn selbst nach Portugal wäre eine Anfahrt mit dem Auto möglich – diese ist aber aus meiner Sicht völlig bescheuert).
Ursprünglich plante ich als Anreise ins Berner Oberland einen kurzen Hüpfer mit dem Flieger nach Bern ein. Diese Idee verwarf ich aber doch wegen völlig unberechtigten Zweifeln an der Zukunft der entsprechenden Airline, die tatsächlich noch immer fliegt. Auch auf den eigenen vier Rädern ist die Anfahrt möglich: Mit dem Auto würde man die Region des Berner Oberlandes in überschaubaren fünf Stunden erreichen können – auch wenn hierfür eine Vignette im Wert von 40 CHF (~28€) fällig würde. Und spätestens seit dem letzten Jahr ist auch die Fahrt mit dem Fernbus kein rechtliches Tabu mehr und bietet sich gerade für Low-Cost Reisende an, wobei ein Umstieg in Zürich Pflicht ist.
Für uns sollte es aber mit dem wohl traditionsreichesten Schweizer Verkehrsmittel seit dem Postauto ins Land der Eidgenossen gehen: Der erste Zug von insgesamt vier Stück wartete bereits auf uns.
Während in Deutschland jeder, der mit der Bahn durch’s Land gondelt, meist nur mitleidsvolle Blicke zuzüglich eines sanft gehauchten „War’s sehr schlimm?“ erntet, hat Bahnfahren in der Schweiz tatsächlich ein hohes Ansehen. Kein Land dieser Welt dürfte so stolz auf seinen schienengebundenen Fernverkehr sein. Dementsprechend hoch ist auch der Ansporn der Schweizer, die Anforderungen an das bequeme Reisen mit der Bahn zu erfüllen. Kollidiert hierzulande vieles unterhalb eines ICEs mit der Brüsseler Vorschrift für die adäquate Haltung von Legehennen, ist Zugfahren in der Schweiz eine wunderbare Art des Reisens.
Natürlich kann auch beim Bahnfahren ein wenig mehr Komfort nicht schaden, so dass Conny und ich bewusst die Waggons der ersten Klasse bestiegen. Es wirkt zwar tatsächlich wie ein kleiner Stilbruch, dass wir uns nach diversen Jahren ausführlichster Billigflieger-Eskapen in die First-Class schwangen – aber das eine schließt das andere nicht aus.
Eine 2+1 Bestuhlung in der ersten Klasse bringt selbst im deutschen EuroCity (hier auf der deutschen Seite kurz vor der Schweizer Grenze bei St. Margrethen) einiges an Bein- und Hüftfreiheit.
Bei der Wahl der Zugverbindung entschied ich mich für eine Kombination aus möglichst vielen unterschiedlichen Zugtypen. Kurioserweise kam ich auch dieses Mal nicht um einen Umstieg in Zürich herum. Mittlerweile wird der kurze Zwischenhalt in der Stadt am Zürichsee zum Running Gag. Doch immerhin habe ich die Stadt erst kürzlich durch einen kompletten Städtetrip im letzten Sommer geehrt, so dass ich kein allzu schlechtes Gewissen mehr haben muss. Bei 18 Minuten Umsteigezeit wäre ein Hüpfer in die Stadt auch ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Dafür bemerkten wir beim Wechseln des Zuges, dass die SBB tatsächlich eine Cargo-Lokomotive vor unseren Zug gespannt hatten. Vielleicht wäre eine neutralere Lackierung doch etwas besser gewesen. Schließlich sind Menschen und Fracht gänzlich verschieden: Fracht motzt nicht, Fracht kotzt nicht.
Weiter ging es dann mit dem IC in Richtung Bern. An dieser Stelle darf ich mit einem weiteren Bild die Liebe der Schweizer zu ihren Bahnen verdeutlichen: Hat jemand von euch schon einmal runde Sitzecken mit Bistrotisch in einem deutschen Zug gesehen? Eine solche Sitzanordnung ist mir jedenfalls noch nie untergekommen.
Obwohl wir mit dem IC weiter bis Thun fahren hätten können, hüpften wir noch einmal kurz auf den gegenüberliegenden Bahnsteig und enterten einen ICE. Dieser Zug begann seine Reise am frühen Morgen in Berlin und fuhr über Mannheim und Basel nach Interlaken und bot sich geradezu an für den letzten Hüpfer nach Spiez an. Somit hatten wir uns wirklich einmal komplett durch das Rollmaterial des Fernverkehrs probiert und final auch die Inneneinrichtung des deutschen Top-Produkt getestet. Immerhin war dies der einzige Zug auf unsere Reise, der über Ledersitze verfügte.
Nach gut sechs Stunden hatten wir unser Zuhause für die nächsten vier Tage erreicht: Spiez am Thunersee.
Leider begrüßte uns das Wetter am Thuner See nicht gerade mit strahlenden Sonnenschein, sondern gab uns einen kleinen Vorgeschmack auf einen verstimmten Petrus, der sich anscheinend mit Ostern nicht ganz arrangieren konnte. Ein Glück hatten wir vorher die Wettervorhersagen intensiv studiert, und wussten, dass gerade am Sonntag ordentlich Sonnenschein auf uns wartet. Auf diese Weise konnten wir ohne Stress zum Ferienhaus düsen und uns erst einmal für die kommenden Tage akklimatisieren.
Schließlich lag ein See dierekt vor der Haustür – Und wer meine Vorliebe für Wasser kennt, der weiß, dass ich sicher nicht sehr lange die Füße still halten konnte. Zumal es für Conny tatsächlich eine Premiere wurde: Im Berner Oberland war sie nämlich tatsächlich noch nie!
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