Seychellen Reisebericht Tag 6 – Aride
Vorsicht: Jetzt wird’s tierisch: Mit der Insel Aride stand heute das Mekka aller Vogel-Fotografen auf dem Programm. Denn die 0,68 km² große Insel widmet sich nur einem einzigen Thema: Als Naturschutzgebiet besonders den gefiederten Lebewesen eine optimale Heimat zu bieten. Da Menschen hier eher ein störender Faktor sind, wird der Zutritt streng von der Island Conservation Society überwacht. Und diese achtet besonders darauf, dass alle Lebewesen mit zwei Beinen über Nacht die Insel verlassen. So wachten wir morgens auf unserer Sea Bird auf, die bereits gestern vor Aride geankert hatte.
In Sachen Transfer sollten wir dieses Mal den absoluten Overkill bekommen: Statt einer wet landing stand dieses Mal eine beach landing auf dem Programm. Einen kleinen Vorgeschmack auf diesen Adrenalin-Kick bekamen wir, als von der Insel ein bis unter die Zähne motorisiertes Festrumpfschlauchboot (in Fachkreisen auch RIB – rigid inflatable boat genannt) an der Sea Bird anlegte, und unser gesamtes Equipment (Badesachen, Kamera, Stativ, …) in einen wasserdichten Beutel verpackt und über Bord gehievt wurde.
Was dann folgte, lässt sich zwar gut in Worte packen – allerdings klangen jene Worte bei allen drei Passagier-Überfahrten eher wie “Ahhhh!!!“, “Hilfe!” oder andere nicht ganz jugendfreie Flüche. Kaum von der Sea Bird abgedockt, beschleunigte der tollkühne Schlauchboot-Kapitän auf eine atemberaubende Geschwindigkeit und hielt genau auf den Strand zu. Im letzten Moment vor dem Strand riss er den Außenborder nach oben, während das Boot aus dem Wasser flog und mehrere Meter den Strand nach oben schoss. Ein wahnsinniges Manöver, das ich für das noch kommende Reisevideo natürlich auch filmerisch festgehalten habe.
Et voilà! Hier wären wir auf einer weiteren Insel, die in Sachen Sandstrand mal wieder alles toppte. Ich hoffe, ihr könnt mich jetzt verstehen, als ich im Beitrag über Praslin den Strand leicht kritisierte. Wenn man jeden Tag mit Traumstränden konfrontiert wird, muss man zwangsläufig mit einem kleinen inneren Ranking beginnen. Und so Leid es mir tut: Gegen diesen Strand, mit dieser Wasserfarbe, der vollkommenen Abwesenheit von schroffen Steinen im Wasser (man stelle sich diese einmal bei unserer waghalsigen Landung mit einem Schlauchboot einmal vor) und dieser Vegetation nimmt Aride im offiziellen Killerwal.com-Seychellen-Strandranking zusammen mit Coco Island oder La Digue die Pole-Position ein.
An dieser Stelle noch ein paar Daten aus der Kategorie “Partywissen”: Wer der französischen Sprache mächtig ist, wird gemerkt haben, dass der Name “Aride” übersetzt “trocken” heisst. Dies lag an der Tatsache, dass die französischen Entdecker in den 1770ern die Insel wohl zu einer sehr ungünstigen Zeit (z.B. eine mögliche Trockenperiode) vorfanden, und diese in überlieferten Schriftstücken als “Haufen Steine mit ein paar Büschen” oder als “Insel mit nur einem Baum” für die Nachwelt beschrieben. Die somit für vollkommen unnütz befundene Insel wurde in den Jahren vereinzelt als mehr schlecht als recht laufende Palmenplantage genutzt, bis die Insel 1979 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Im Zuge dieser Entscheidung wurden auch sämtliche Plantagen zurück gebaut, weswegen die Insel heute bis auf wenige Hütten und eine gemähte Hubschrauber-Landewiese im unberührten Naturzustand ist.
Wer begeisterter Fan der Natur ist, hat sogar die Chance, auf dieser Insel zu leben: Im Rahmen einer Bewerbung bei der Society muss man schriftlich begründen, weswegen man selbst bzw. das eigene Talent nützlich für Aride oder dessen tierische Bewohner ist. Wird der Antrag positiv bescheinigt, darf man solange auf der Insel bleiben wie man möchte. In Ermangelung einer Bezahlung ist dies sicher kein Weg um reich zu werden – dafür ist der Meerblick jeden Tag garantiert.
Bei der Landschaft, die man im folgenden Bild am Horizont im Hintergrund erkennen kann, handelt es sich übrigens um die Nordküste der Insel Praslin.
Aber selbst die beste Insel hat ihre Kehrseiten: So stürmte kurz nach dem Anladen eine offizielle Vertreterin der Island Conservation Society auf mich zu und stellte mich mit meiner Kamerausrüstung zur Rede: Besonders mein Stativ sei definitiv zu professionell, weswegen ich dieses auf der Insel nicht benutzen dürfte. Leicht verdutzt startete ich noch einen Diskussionsversuch, musste jedoch bald meine Niederlage akzeptieren: Gegen die knallharte Argumentation der Britin hatte ich keine Chance. Zähneknirschend drückte ich ihr mein neu erworbenes Stativ in die Hand, welches sie für den Insel-Tag unter Verschluss nehmen wollte.
Immerhin: Die Kamera durfte ich weiter benutzen. Allerdings war die Vorstellung, mit einem starken Tele-Objektiv ohne Stativ auf Vogeljagd für Videos zu gehen, nicht besonders verlockend.
Nach der unfreiwilligen Trennung hieß es erst einmal Ruhe bewahren und reagieren: ISO hoch, Blende auf und auf keinen Fall mit dem Genießen der Insel aufhören. Schließlich ist Aride auch bei Vögeln für seine ungestörte Ruhe bekannt, weswegen diese auch ein bisschen zahmer und entspannter an Ort und Stelle bleiben. Los ging es mit diesem Exemplar, bei dem es sich wahrscheinlich um einen Seychellendajal (Seychelles Magpie Robin) handeln müsste. Man muss an dieser Stelle sogar erwähnen, dass der Vogel nicht nur besonders gut zu fotografieren war – er wäre mir sogar fast vor Neugierde in die Linse gehüpft.
Bei den nächsten Fotos lade ich euch einfach zum Genießen der Bilder ein. Leider ist an mir kein Ornithologe verloren gegangen, weswegen ich die einzelnen Vogelarten nicht wirklich zuordnen kann. Wenn jemand das eine oder andere Exemplar erkennt, wäre ich euch sehr dankbar, wenn ihr mir einen Kommentar hinterlassen würdet. Die entsprechenden Namen würde ich dann im Blogpost nachtragen.
Besonders niedlich war der Brutplatz von einer Rosenseeschwalbe (hier bin ich mit nicht zu 100% sicher), bei der das Küken schon fast ausgewachsen war. Laut unserem Guide sind besonders solche Vögel, die ihre Nester nicht auf Bäumen sondern auf dem Boden bauen, durch das Reservoir auf Aride gerettet worden. Bedingt durch die Einfuhr von z.B. Katzen der modernen Siedler waren solche Bodenbrüter eine leichte Beute und wären dabei fast ausgestorben.
Damit die Tierwelt auf Aride nicht komplett von Vögeln repräsentiert wird, kommen nun auch noch ein paar Aufnahmen von anderen Beteiligten. In Sachen Krebsen durften wir zum ersten Mal Einsiedlerkrebse bestaunen. Die von unserem Guide entdeckte Gruppe an Krebsen spaltete sich ein zwei Lager: Während sich manche sofort in ihr Haus zurück zogen und den Eingang mit einer der besonders kräftigen Scheren verschlossen, konnten anderen gar nicht genug auf unseren Händen herum krabbeln. Keine Sorge: Wir waren nett zu den Besitzern der geklauten Eigentumswohnungen.
Natürlich kommt man auch um die omnipräsenten Geckos bzw. Salamander nicht herum. Allerdings verhält es sich hier genau wie bei den Kleinflugzeugen auf St. Martin: Während man bei den ersten Exemplaren noch vom fotografischen Tatendrang fast zerrissen wird, hält es sich nach dem zehnten Exemplar in vertretbaren Grenzen: Schon wieder einer von denen? Nagut, aber nur ein Foto. Und nur wenn er fotogen in der Sonne sitzt.
Nachdem wir unseren Rundgang über die Insel beendet hatten, bekam ich mein schmerzlich vermisstes Stativ zurück. Der Output war in Sachen Tier-Fotos besser als erwartet, auch wenn ich als bekennender Perfektionist schon vor Ort den immensen Aufwand an notwendiger Stabilisierung der Video-Dateien voraus ahnen konnte. Mittlerweile stellte sich die Vermutung als korrekt heraus, was mich wieder einmal in meinem Credo bestätigt: “Alles was du vorher nicht verwackelst, musst du nachher nicht entwackeln”. Dennoch freue ich mich schon wahnsinnig auf das Seychellen-Video, welches definitiv bald erscheinen wird.
Wie man schon gut an der Nummerierung der Reiseberichte erkennen kann, neigt sich unsere Reise schon der finalen Phase zu. Nach dem sehr lehrreichen Sightseeing im Naturschutzgebiet stand für den nächsten Tag wieder einmal eine entspannte Tour mit Barbecue auf der Insel Curieuse auf dem Programm.
Alle Infos und Bilder gibt’s dazu aber erst im nächsten Reisebericht.
Weitere Seychellen-Reiseberichte
- Tag 1: Hinflug mit dem A380 von Emirates über Dubai
- Tag 2: Mit der Sea Bird von Mahé nach Praslin
- Tag 3: La Digue
- Tag 4: Die Coco de Mer im Vallée de Mai auf Praslin
- Tag 5: Grand Soeur & Coco Island
- Tag 6: Aride
- Tag 7: Curieuse
- Tag 8: Transfer nach Mahé
- Tag 9: Victoria & Eden Island
- Tag 10: Stopover in Dubai
Hi Phil,
wieder mal traumhaft schöne Bilder von Dir.
Kann gut verstehen, daß man dort ein gewisses Regelwerk aufgestellt hat um diese tolle Flora und Fauna zu bewahren.
Wäre sehr schade wenn so eine Insel von Touristenströmen bevölkert würde.
LG Phil
Da kann ich dir nur zu 100% zustimmen. Gerade diese scharfen Kontrollen haben dazu geführt, dass die Natur in diesem Zustand erhalten werden konnte.
Ohne die – wahrscheinlich im Land zum Anfang auch kritisch gesehen – strengen Regularien wäre auf der Insel sicher schon ein Hotel mit zig Wasser-Bungalows gebaut worden.
Übrigens: Du hast deinen Kommentar mit “LG Phil” unterschrieben ;) Jetzt sieht das fast so aus, als würde ich mir selber die Beiträge kommentieren ^^
LG Stefan *gg*
Moin Phil,
ups sorry! War gestern abend nicht mehr ganz so fit, da ich einen anstrengenden Arbeitstag hatte.
Wünsche Dir ein schönes Restwochenende
LG Stefan
Hallo Phil,
omg ich bin gerade sooo neidisch, das ist ein Traum. Mir fehlt leider das nötige Kleingeld für die Reise. Aber balddddd :) bis dahin gucke ich mir deine schönen Bilder an. Grüße aus Marling
@Eliss: Ja, die Seychellen sind leider auch vor Ort durchaus mit den Preisen einer europäischen Metropole vergleichbar. Dafür sind die Flüge relativ erschwinglich: Hätte wir nicht – wie im Blogpost von Tag 1 erwähnt – unbedingt eine bestimmte Uhrzeit gebraucht, wären wir für ca. 700€ pP. nach Mahé gekommen. Und das mit Emirates im A380 bei vollem Service und Meilen. Für eine solche Traumdestinationen ist das eigentlich ein recht raisonabler Preis.
Wann soll’s für dich denn hingehen? Ein bestimmter Anlass?
LG Phil