Reisebericht Bordeaux Tag 3 – Weintourismus in Saint-Émilion & Pomerol
Ganz bewusst habe ich das Thema „Wein“ in meinem letzten Artikel über Bordeaux ausgeklammert, da es für mich wirklich wichtig war, eine Stadt von ihrem omnipräsenten Ruf zu trennen. Mir liegen besonders die Lage, das Flair und die Architektur bei einer Städtereise am Herzen.
Im Falle von Bordeaux tut man sich mit dieser Mentalität allerdings etwas schwer. Denn mit dieser Stadt und ihrer Umgebung scheint das Thema Wein wirklich unzertrennlich verbunden zu sein.
Um richtig tief in die Materie der edlen Tropfen einzutauchen, muss man allerdings ein paar Meter aus Bordeaux herausfahren. Etwa 40 Kilometer außerhalb von Bordeaux liegt in einem Talkessel am Unterlauf des Flusses Dordogne der malerische Ort Saint-Émilion.
Ich dürfte wohl kaum übertreiben, wenn ich diese fast mittelalterliche Kleinstadt als Mekka für jeden Weinreisenden bezeichnen würde. Selbst die UNESCO erkennt den Ort mit knapp 3000 Einwohnern mittlerweile als Weltkulturerbe an.
Interessant ist übrigens seine Lage bei fast genau 0° westlicher Breite. Würde man von Saint-Émilion senkrecht in Richtung Norden nach Greenwich laufen, hätte man laut der Wikipedia exakt die Hälfte des Weges zum Nordpol zurück gelegt.
Aber zurück von der Geografie zur Landwirtschaft. Schon die Römer brachten den Weinbau in diese Gegend, wobei durch die Selbstversorgung der hier wohnenden Menschen in früheren Jahren die Weinfelder immer wieder von Nutzflächen für Getreide und Früchte unterbrochen werden. Mittlerweile gehört das Weinanbaugebiet Saint-Émilion (AOC) zu den bekanntesten und berühmtesten Erzeugergebieten in ganz Frankreich. Hier liegt auch die Herkunft der Weine der Klassifizierungen grand crus und grand crus classés.
Die Architektur von Saint-Émilion zeigt aber neben sanften Trauben auch seine wehrhaften Seiten. So thront noch immer der Wohn- und Wehrturm des ehemaligen Château du Roi über der Stadt und bildet zusammen mit dem Glockenturm der Felsenkirche die markantesten Punkte der Stadt.
Selbst Wein-Amateure kommen fototechnisch voll auf ihre Kosten.
Weintrauben trocknen mit dem Helikopter
Das Gebiet von Saint-Émilion und Pomerol bilden den Nukleus des Weinanbaugebietes rund um Bordeaux. Exemplarisch stelle ich deswegen kurz eines der angesehensten Weinbaugebiete vor: Château Pétrus.
Wahrscheinlich dürften selbst Liebhaber von guten Weinen angesichts der Prozeduren in diesen heiligen Hallen Bauklötze staunen. Eine Weinlese im klassischen Sinne gibt es hier nicht. In mehreren Anläufen werden jeweils nur die besten Trauben geerntet. Genügt die Qualität einer Pflanze nicht den Ansprüchen der Eigner, so werden diese an andere Winzer verkauft.
Auch vor außergewöhnlicher Behandlung wird nicht zurück geschreckt: Sind die Trauben durch Regen vor der Ernte zu nass geworden, werden sie durch einen tief fliegenden Helikopter getrocknet.
Angesichts solcher Verfahren dürfte es wohl spätestens jetzt niemanden mehr verwundern, weswegen Weinkenner aus der ganzen Welt gerne in diese Region Frankreichs fahren. Und selbst ich hatte großen Spaß mich auf die Spuren der „Faszination Wein“ zu begeben.
Das Oktoberfest von Bordeaux: fête le vin
Als Reaktion auf diesen Kult hat sich die Stadt Bordeaux ähnlich wie auch meine Wahlheimat München etwas Besonderes einfallen lassen: Das fête le vin. Nicht ganz zufällig lag deswegen auch mein Besuch in der französischen Metropole am Atlantik. So ein Spektakel darf man sich nicht entgehen lassen.
Und wenn ich Spektakel meine, dann ist das keine leere Worthülse! Im Gegensatz zum Münchner Oktoberfest, bei dem jeder Besucher für mittlerweile mehr als 10€ eine Maß Bier kaufen muss, ist die Degustation in Bordeaux in einem obligatorischen Eintrittspreis enthalten. Zusätzlich gibt es zu jedem Degustationspass eine kleine Umhängetasche mit Weinglas.
Möchte man am Stand eines Winzers einen Wein probieren, so zückt man einfach sein Couponheft und das eigene Umhänge-Glas.
Fazit: Mein Versuch die Stadt Bordeaux vom Wein zu trennen, kann man im zweiten Anlauf als gescheitert betrachten. Dies ist aber überhaupt nicht schlimm, denn niemand in dieser Welt hat sich so sehr der Traditionspflege und der Liebe zu den Rebstöcken verschrieben wie die Bewohner der Region in Aquitanien. Selbst als absoluter Neuling erwischt man sich bereits nach kürzester Zeit beim kritischen Prüfen und Genießen der edlen Weine der vielen Weinanbaugebiete in der Umgebung wie Saint-Émilion und Pomerol.
Die Liste der vier Elemente muss in diesem Teil Frankreichs definitiv noch um den „Wein“ erweitert werden.
Bei dieser Reise wurde ich vom französischen Fremdenverkehrsamt unterstützt. Danke dafür!
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So ein schöner Bericht und ganz tolle Bilder! Dabei komm ich richtig Lust auf ein gutes Glas Wein zum Wochenende! :)