Reisebericht Marrakesch #3.2 – Sonnenuntergang am Jeema el Fna
Bereits während der Vorbereitung zu unserer Marrakesch-Reise hatte ich dieses Bild vor Augen: Ich wollte unbedingt den legendären Jeema el Fna während des Sonnenuntergangs fotografieren. Beim ersten Besuch am zweiten Tag unserer Reise konnte ich nachvollziehen, dass dies nicht ganz einfach werden würde. Für ein gutes Foto würde ich eine Position in einem der umliegenden Gebäude benötigen.
Mehr dazu aber später, denn der Tag war noch jung und die Sonne stand hoch am Himmel. Conny chillte ein wenig auf der Dachterrasse unseres Hotel, während ich die Stadt Fuß ein wenig in östlicher Richtung erkundete.
Ehrlich gesagt hatte ich mir den Verkehr in der Stadt wesentlich schlimmer vorgestellt. Es könnte sein, dass seit den letzten Reiseberichten, die ich gelesen hatte, die Autofahrer deutlich vernünftiger geworden sind. Jedenfalls hatte ich zu keiner Zeit mehr Angst um mein Leben als in der typischen Münchner Rush-Hour.
Etwas erstaunt war ich dann doch, als ich plötzlich vor dem Hauptbahnhof von Marrakesch stand. Klar war mir bereits vorher bewusst, dass der Bahnverkehr in Marokko einen großen Stellenwert hat. Mit einem so modernen und repräsentativen Gebäude hatte ich dann aber doch nicht gerechnet.
Erst seit 2008 besitzt Marrakesch dieses neue Gebäude aus Marmor, welches das alte schmuddelige Terminal ersetzt. Für mich ein sehr positives Zeichen der Stadtentwicklung: Statt nur den Flughafen als Einfallstor für Touristen aufzuhübschen wird auch in die Infrastruktur der einheimischen Bevölkerung investiert.
Als Verkehrsknotenpunkt besitzt der Bahnhof eine wichtige Funktion. Heute gibt es 16 tägliche Verbindungen über Casablanca nach Fès und zwei nach Tangier. Fleißig geplant wird momentan an einer Verbindung nach Agadir und Laayone. Sogar eine Hochgeschwindigkeitsstrecke ist im Gespräch.
Langsam neigte sich der Tag dem Ende entgegen, so dass ich zurück zum Hotel lief und dort mein Equipment für das große Abenteuer “Nachtfotos am Jeema el Fna” zusammen packte. Neben dem Stativ wanderte auch das lange 70-200mm Objektiv in die Kameratasche.
Keine Frage: Ich wollte gut vorbereitet sein – beim ersten Mal sollte alles klappen. Wenn alle Stricke gerissen wären, hätten wir es am nächsten Tag zwar einfach noch mal versuchen können. Dennoch wäre es schade gewesen, schließlich wollten Conny und ich den Urlaub auch zur Entspannung nutzen, und nicht jeden Abend fest verplanen. Von der Wettervorhersage sollte der Abend perfekt für das Vorhaben sein.
Der beste Fotospot auf dem Jeema el Fna in Marrakesch
Aufgrund der Position der Sonne während des Untergangs im Westen, suchte ich eine Position im Nord-Osten des Platzes. Auf diese Weise saß ich direkt gegenüber der untergehenden Sonne und hatte den kompletten Platz vor mir. Ein weiteres Plus dieser Konstellation war die Koutoubia-Moschee, die exakt in der Verlängerung des Platzes auf dem Foto erscheinen würde.
Klingt auch für euch plausibel? Dann kam nun der schwierigste Part der Spot-Suche. Ich musste eine Position finden, die oberhalb des Platzes lag. Von unten konnte man zwar tolle Detailfotos machen. Das Bild würde aber erst dann großartig sein, wenn ich ca. 10 Meter über den Boden stehen würde.
Nachdem ich meine vorherige Recherche im Internet mit den Eindrücken vor Ort abgeglichen hatte, stellte sich das Café de France als bester Spot heraus. Grundsätzlich gibt es links und rechts des Cafés auch noch ähnliche Restaurants, die ich im Vorbeigehen ebenfalls als ordentliche Fotoposition einordnen würde.
Nachdem ich das Café de France betreten hatte, machte ich mich dreist auf den Weg zur obersten Balkon-Etage, schnappte mir einen Sitzplatz direkt am Geländer und orderte einen typischen marokanischen Minztee, um dem Café auch einen einigermaßen akzeptablen Gegenwert zu meiner Mission zu bieten.
Bitte auf keinen Fall als Gastro-Tip verstehen: Das Café de France würde ich eher als typische Nepp-Absteige bezeichnen, die ihre einmalige Lage am Jeema el Fna zu Geld machen weiß. Die Speisen und Getränke sind nicht nur winzig und überteuert sondern werden auch noch mit einer Verachtung serviert, die jede McDonald’s-Filiale glänzen lässt.
Ebenfalls gab es gleich richtig Ärger, als ich mein Stativ aufbauen wollte. Der Kellner teilte mir mit, dass Fotos mit professionellen Kameras auf Stativen einer Genehmigung bedurften. Da das Lokal keinen Ärger mit den Behörden wollte, wurden mir nur Fotos ohne Stativ zugestanden. Innerlich ärgerte ich mich über den schon bestellten Tee, der mich davon abhielt die Fotoposition nun noch einmal zu wechseln.
Ich beschloss zuerst einmal abzuwarten, wie sehr ich das Stativ durch “Auflegen auf dem Geländer” kompensieren konnte.
Die Sonne senkte sich immer weiter, das Lokal füllte sich mit Reisegruppen und innerlich jubelte ich: Mein Plan funktionierte einwandfrei. Nicht nur, dass das Auflegen & Ruhighalten der Kamera meine pessimistischen Befürchtungen Lügen strafte, mit den zunehmenden Menschenmassen wurde mein kleiner Platz am Geländer auch immer besser abgeschirmt, so dass ich mich trauen konnte, mein Stativ im eingeklappten Zustand als Einbein zu nutzen.
Die Ergebnisse erfüllten voll und ganz meine Vorstellungen und ich konnte in Ruhe filmen und knipsen. Genau diese Ergebnisse wollte ich nach Hause bringen.
Wie alles im Leben sah die ganze Aktion in der Retrospektive kinderleicht aus. War es vielleicht auch und ich hatte mir einfach nur viel zu viele Gedanken gemacht. Grundsätzlich wird in jedem Reiseführer zur Vorsicht beim Fotografieren auf dem Jeema el Fna gemahnt. Nicht, dass es verboten wäre. Eher ist man mit der Knipse in der Hand sofort als leichtes Opfer erkenntlich und soll angeblich sofort den Affen auf der Schulter bzw. das Henna-Tatoo auf der Hand haben.
Ich persönlich kann Entwarnung geben. Vielleicht lag es an der riesigen Kamera, die an meiner Eingruppierung in die Touristenecke Zweifel weckte. Ich konnte mich jedenfalls völlig ungestört durch die Marktstände bewegen ohne nennenswert angesprochen zu werden. Wer nur schauen möchte, sollte dennoch vermeiden auf jedes “Hey!” zu reagieren.
Und so genoss ich die ersten Stunden der Nacht und machte mich auf den Weg zurück ins Hotel. Natürlich nicht, ohne noch einmal die Koutoubia-Moschee abzulichten. Am Horizont sind noch die letzten roten Lichtstrahlen erkennbar, während oben im Bild bereits die Dunkelheit auf dem Vormarsch ist.
So langsam näherte sich der Urlaub damit auch schon dem Ende. Ein vierter Tag blieb uns aber noch, den wir gedanklich bereits schon für ein paar nette Sightseeing-Ziele verplant hatten.
Am letzten Tag wird es somit noch einmal kulturell hochinteressant. Mehr dann dazu im nächsten Blogpost.
Hi Phil,
ein guter Bekannter war letztes Jahr in Marokko und hat dort mit
einer Systemkamera ähnliche Bilder gemacht.
Da seine Kamera ein gewisses Retrodesign hat, haben ihn die Einheimischen
teilweise sogar mitleidig angeschaut;-)
Wirklich tolle Bilder zeigst du da.
Schöne Grüße
Stefan