Reisebericht Kreuzfahrt MS Astor #4 – Neapel & Pompeji
Auf den Tag in Neapel hatte ich mich richtig gefreut. Endlich sollte es einmal für mich nach Pompeji gehen. Bereits beim Durchschauen der Ziele der Kreuzfahrt mit der MS Astor hatte mich die Stadt Neapel nicht sonderlich gereizt. Nicht etwa, weil ich Vorurteile gegen mafiöse Strukturen oder Müll hatte.
Eher schien mir die Altstadt etwas gesichtslos und wenig attraktiv für Touristen. Eventuell sollte ich meine Einstellung bei einem zweiten Besuch in der Zukunft überdenken – schließlich hatte ich zuvor die gleiche Meinung von Livorno. Vielleicht könnte mich auch Neapel positiv überraschen. Auch wenn der Hafen erst einmal kein besonders hübsches Bild abgab.
Aber welcher Hafen gewinnt schon aus dem Stand heraus einen Schönheitspreis? Technisch und nautisch faszinierten mich die Fähren an der Backbord-Seite der MS Astor, die trotz ihrer klobigen Form flinke und leichtfüßige Landemanöver durchführten.
Im Stundentakt tuckerten die Eisenschweine von caremare und tirrenia in den Hafen, schmissen den Anker, vollführten eine 180° Drehung, um dann sanft mit dem Heck an die Hafenmauer zu fahren. Kaum hörbar angeschlagen, fiel auch schon die Heckklappe zum schnellen Aus- und Einschiffen der PKWs und LKWs, um dann schleunigst wieder Fahrgäste über das Mittelmeer zu fahren.
Ich hatte bereits vor Beginn der Reise das entsprechende Ausflugsprogramm studiert und für Conny und mich einen Halbtages-Auflug nach Pompeji gebucht. Den Preis von 49€ pro Person fand ich durchaus akzeptabel. Zum Vergleich: Der günstigste Eintrittspreis für die Ausgrabungsstätte beläuft sich auf 13€ pro Person.
Ein weiterer Vorteil für mich war die Kopplung des Ausfluges an das Schiff: Bei Verzögerungen im Zeitplan hätten wir ein etwas leichteres Leben als bei einem selbstgestrickten Programm.
In bewährter Touri-Manier kutschierte uns ein Bus vom Hafen bis vor den Eingang der Ausgrabungsstätte. Natürlich durfte auch der übliche Touri-Nepp bei Busfahrten in Pauschalreisen nicht fehlen. Dieses Mal gestaltete er sich in Form eines Toiletten-Stops in einer Muschel-Manufaktur in der Nähe des Eingangsbereiches.
Da nicht nur mir, sondern auch vielen anderen die Verbindung zwischen Muscheln und Pompeji etwas spanisch – pardon: römisch – vorkam, schien der Monsignore keinen besonders guten Umsatz mit der Gruppe gemacht zu haben. Widmen wir uns nun aber endlich meinem heimlichen Highlight der Reise: Pompeji.
Wow! Was hatte ich mich genau auf diesen Moment gefreut. Als dann noch der graue Himmel aufriss und die Sonne auf die ehemals versunkene Stadt scheinen ließ, bekam ich den Finger fast nicht mehr vom Auslöser herunter. Auch wenn meine Geschichtskenntnisse bei weitem nicht für das Schreiben eines historischen Romans ausreichen würden, faszinierte mich dieser Zufallsfund der Archäologie.
Ein wenig verwirrten mich die vielen bronzenen Statuen innerhalb des riesigen Stadtgebietes. Dieses sollte man explizit nicht mit historischen Zeitzeugen verwechseln. Vielmehr wurde aktuell eine Ausstellung über moderne Kunst gezeigt und so das Stadtbild von Pompeji mit diversen Skulpturen „bereichert“.
Nicht, dass die grünen Statuen fehl am Platze wirken. Man sollte sie nur nicht mit dem Gemäuer anno 79 n. Chr. in Verbindung bringen.
Als Besucher fand ich es erstaunlich, wie schnell sich der interessante Fakt „alte Hausmauern ohne Dach“ abnutzte. Schier endlos sind die Gassen der Stadt mit den Ruinen der ehemaligen Häuser, so dass ich mich nach kurzer Zeit auf die Details der Gemäuer stürzte.
So sind beispielsweise die omnipräsenten Straßenschilder nicht original, sondern von den Ausgrabern zur Orientierung an die Wände betoniert worden. Original sind rosetten-ähnliche Einsätze aus Ziegeln in den Wänden, die damals die Funktion von Straßennamen erfüllten. Ebenfalls interessant: Garküchen in Häusern am Straßenrand, die damals einen ähnlichen Status wie Dönerbuden inne hatten.
Ein weiteres hochinteressantes Detail: Knöchelhohe Zebrastreifen zur Überqueren der Straße. Über diese garantiert nicht barrierefreien Steinblöcke konnte die Straße auch bei starker Überschwemmung durch Regen oder Abwässer überquert werden. Ebenfalls konnten Pferdefuhrwerke und Streitwagen die Straßen passieren, was gut an den starken Einlaufspuren zu sehen ist.
Über der gesamten Kulisse prangt malerisch der Berg, der die ganze Misere damals auslöste: Der Vulkan Vesuv kündigte seine Eruption zur Römerzeit zwar an, entlud sich dann aber in einer Explosion, die alle Vorstellungen der damaligen Menschen übertraf.
Die vorherrschende Meinung, dass die Stadt Pompeji im voller Pracht und mitten im Leben verschüttet wurde, ist nur bedingt richtig: Nicht gerade wenig Menschen entschieden sich rechtzeitig zur Flucht und gaben ihre Häuser bereits vor der Katastrophe auf.
Die Stadt selbst wurde prinzipiell auch nie wirklich wieder entdeckt sondern war über die Jahrtausende in ihrer Lage und Besonderheit bekannt. Nachdem die heiße Asche und Gesteinsbrocken, die Pompeji bedeckten, erstarrt war, sah man aufgrund ihrer geringen Bedeutung als niederer Handelstadt keine dringende Notwendigkeit, die Stadt auszugraben. Stattdessen wurden sporadisch neue Siedlungen auf der Ascheschicht gebaut.
So sieht man im folgenden Bild gut den Höhenunterschied zwischen dem weißen Haus, das immer noch auf einem verschütteten Teil der Stadt steht, und den bereits ausgegrabenen Ruinen.
Da man in Pompeji eher zu viele historische Häuser als zu wenige besitzt, sind einige davon als Demonstrator für Touristen „geopfert“ worden. Im Stil der Zeit um 79 n. Chr. wieder aufgebaut, geben sie einen Eindruck davon, wie man zu dieser Zeit lebte.
Leider war vor allem das Wieder-Anlegen der prachtvollen Gartenanlagen aus archäologischer Sicht eher kontraproduktiv: Die Wurzeln der gepflanzten Hecken und Bäume setzen der historischen Bausubstanz sehr zu und zerstören so langsam die alten Gemäuer.
Auf der anderen Seite locken solche Installationen unglaubliche Massen an Touristen pro Jahr, die wiederum helfen, die anderen Areale der Stadt zu schützen und die Ausgrabungen weiter voran zu treiben. Der Denkmalschutz ist an dieser Stelle ein zweischneidiges Schwert.
Zum Schluss gibt es natürlich auch noch die traurige Seite an Pompeji. Nicht nur extrem viele Menschen wurden heimat- bzw. obdachlos – viele der Einwohner, die die Gefahr nicht wahrhaben wollten, zahlten mit ihrem Leben.
Die Hohlräume, die die Körper in der Asche hinterließen, wurden bei Entdeckung mit Gips ausgespritzt. So sieht man heute die Opfer der Naturkatastrophe ebenfalls als Exponante ausgestellt. Conny und ich mussten uns allerdings erst zu dieser eher versteckten Stelle durchfragen und uns explizit von der geführten Gruppe lösen. Anscheinend haben sich die Offiziellen entschlossen, die Leichen aus Pietätsgründen nicht mitten auf einem zentralen Platz auszustellen.
Nach wirklich sehr interessanten vier Stunden ging es dann mit dem Bus zurück zu unserem Schiff, wo wir die Sonne Neapels noch auf dem Sonnendeck genossen. Als schönes Plätzchen entpuppte sich dabei der Bug des Schiffes, auf dem wir fast die komplette Fläche für uns alleine hatten.
Aus meiner Sicht ein absoluter Vorteil eines kleinen Kreuzfahrtschiffes wie der MS Astor. Wo auf anderen Schiffen dichtes Gedrängel plus emsiges Reservieren mit Handtüchern an der Tagesordnung ist, konnte man sich hier eher fragen, ob man nicht komplett alleine auf dem Schiff war.
Ebenfalls warfen wir einen kleinen Blick auf den Sportplatz der MS Astor. Dieser liegt mittschiffs direkt hinter dem Schornstein und ist ballsicher mit einem Netzkäfig ausgestattet. Fußball und Basketball sind hier oben kein Problem. Ebenfalls sind hier oben zwei Tischtennis-Platten verfügbar.
Unsere Route sollte uns am nächsten Tag an den südlichsten Punkt der Reise bringen. Als nächstes stand Palermo auf dem Plan. Eine der wenigen Städte, in der Conny tatsächlich schon lange vor mir bereits Urlaub gemacht hatte.
Weitere Reiseberichte
- Tag 1: Genua
- Tag 2: Livorno
- Tag 3: Civitavecchia & Rom
- Tag 4: Neapel & Pompeji
- Tag 5.1: Captain’s Club, Astor Lounge & Außenaufnahmen
- Tag 5.2: Palermo
- Tag 6: Cagliari
- Tag 7: Olbia
- Tag 8: Genua
Vielen Dank an die MS Astor zur Einladung auf diese Tour durch’s Mittelmeer.
Hi Phil,
mit deiner Ansicht über den Hafen von Neapel muß ich dir recht
geben. Sieht wirklich nicht besonders hübsch aus.
Seid ihr auch in der Innenstadt von Neapel gewesen? Oder nur in
Pompeji?
Warum wollte man denn die “Opfer” nicht zeigen? Man erkennt doch wirklich nicht allzuviel. Ansonsten ist Pompeji wirklich eindrück-
lich.
LG Stefan
Leider waren wir nicht in der Innenstadt von Neapel, sondern haben diese nur von einer “hohen” Autobahn aus dem Bus heraus gesehen. Ein wenig bedauere ich es allerdings, nicht in Neapel gewesen zu sein. Schließlich kenne ich ja nur die Vorurteile über die Stadt, und eigentlich sollte man sich von so etwas nicht verleiten lassen. Ich denke, hier muss ich der Stadt einmal eine zweite Chance geben und sie auf mich wirken lassen.
Bei der Sache mit den “Opfern” von Pompeji bin ich mir ehrlich gesagt, gar nicht so sicher. Mir kam es nur so vor, als würde man die Körper bzw. Abdrücke davon nicht zeigen wollen, da sie so versteckt lagen und ich mich zu ihnen voran durchfragen musste. Wenn du genau hinschaust, siehst du auch, dass man bei der einen Leiche noch einen Teil des Schädelknochens sieht. Die Opfern haben also keine reinen “Hohlräume” zurück gelassen, sondern sind tatsächlich noch als Skelett erhalten geblieben. Und das so etwas – gerade für Kinder – zu grausig sein könnte, halte ich schon für möglich.
Ansonsten stimme ich dir voll zu: Pompeji war eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Wie die meisten Häfen in Italien eigentlich – sind ja allgemein nicht besonders hübsch.
Aber Pompeji ist wirklich einen Besuch wert, auch wenn man die spannendsten Dinge manchmal nicht auf den ersten Blick zu sehen bekommt.
Ja, an die Schönheit von Häfen aus karibischen Gewässern kommt Italien nicht wirklich an. Hier sind Kreuzfahrtschiffe aber auch eher in der Unterzahl, da sehr viel der Infrastruktur auf Fähren oder Container-Schiffen ausgelegt ist. Leider …
LG Phil
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