Istanbul Reisebericht #3.1: Taksim Platz & Gezi Park
Da seit Beginn dieser Reise das Damoklesschwert des schlechten Wetters über uns schwebte, hatte ich mir eigentlich den Taksim-Platz auf den ersten Tag gelegt. Natürlich musste ich nach Blauer Moschee, Hagia Sophia und der Bosporus-Brücke irgendwann einsehen, dass ich diesen einen Tag doch etwas überladen hatte und wir ein solches Pensum unmöglich geschafft hätten.
Ein Glück blickten wir am nächsten Morgen erneut in einen strahlenden Himmel, so dass wir diese Etappe ganz bequem nachholen konnten. Nach dem Frühstück fuhren wir mit der Straßenbahnlinie T1 vor unserer Hoteltür ab und bequem bis zur Station Fındıklı.
Eigentlich waren wir auf Sport am frühen Morgen überhaupt nicht eingestellt, als wir plötzlich vor steil ansteigenden Straßen standen. Was auf keiner unserer Karte stand, war die Höhe des Taksim Platzes von rund 80 Meter über den Meeresspiegel.
Wohl bemerkt: Genau der Meeresspiegel des Bosporus, der nur wenige hundert Meter vom Taksim Platz entfernt liegt.
An dieser Stelle großes Lob für die Parkkünste der türkischen Einwohner der Metropole. Bei den Steigungen braucht man schon ein gutes Vertrauen in die Haltekraft der eigenen Handbremse. Dafür wurden wir nach wenigen Metern mit einer tollen Aussicht “bergab” belohnt. Das Stadtviertel Beyoğlu zeigte hier, dass es zwar nicht unbedingt mit einer professionellen Elektroinstallation, aber vor allem mit Meerblick punkten kann.
Oben angekommen begrüßte uns ein bekanntes Bild. Auch hier hatte der städtische Tulpengärtner wieder ganze Arbeit geleistet und die historischen Fassaden der Wohnhäuser um ein Meer aus Tulpen komplettiert. Eine schöne Geste, die zu Frühlingserwachen auch bei uns in München mal eine gute Idee wäre. Das Stadtbild würde auf jeden Fall davon profitieren.
Nach der Ankunft auf dem Taksim Platz war zuerst ein wenig Orientierung nötig. Der Eigenname kommt vom arabischen “taqsīm” und bedeutet “Teilung”. Ursprünglich war dies nur der Ort einer zentralen Wasserleitung, an die genau hier mehrere Stadtviertel bzw. große Brunnenanlagen angeschlossen waren.
Heute ist der Taksim-Platz in erster Funktion “nur” ein großer Verkehrsknotenpunkt, von dem viele Straßen in die einzelnen Bezirke abzweigen. Was ich damit sagen möchte: Zuerst steht der fotografierwütige Tourist vor einer großen und grauen Fläche und weiß gar nicht, wohin er die Kamera überhaupt halten soll.
Nach erneutem Studieren des Kartenmaterials bewegten wir uns nach Westen zum Denkmal der Republik. Dieses sehr fotogene Teilstück des Taksim Platzes erinnert an die Gründung der Türkischen Republik im Jahre 1923.
Die damalige Neuausrichtung des ehemaligen Osmanischen Reiches ist gut an der Darstellung des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk zu erkennen. Dieser ist auf einer Seite in westlicher Kleidung und friedlicher Pose dargestellt, während er auf der gegenüberliegenden Seite in militärischer Uniform heroisch thront.
Das Denkmal ist auch der Platz aller zentralen Feierlichkeiten an nationalen Feiertagen.
Da die obersten Tourismusbehörden der Stadt bemerkt haben, dass historische Straßenbahnen in Lissabon & Co. einen nicht ganz unerheblichen Ansturm an Touristen verursachen, hat man auch in Istanbul alte Fahrzeuge reaktiviert.
Publikumswirksam verkehrt die Nostalgielinie T2 zwischen dem Taksim Patz und dem Tünel, einer unterirdisch verlaufenden Standseilbahn im Westen der Stadt. Zusammen mit dem Denkmal ergab sich hier ein wirklich nettes Fotomotiv.
Direkt im Anschluss wanderten wir weiter in den östlich des Taksim Platzes liegenden Gezi Park. Dieser Park fand 2013 seinen Weg in die Presse, als Demonstranten den Park okkupierten und gegen bevorstehende Baumfällarbeiten protestierten. Diese sollten den Bau eines Einkaufszentrum an dieser Stelle einläuten, was nur bedingt auf Gegenliebe stieß.
Die recht kargen Bäumen ohne Blätter sind auf den folgenden Fotos noch dem winterlichen Wetter geschuldet. Im Sommer sieht man sicher noch deutlicher, dass der Gezi Park eine der letzten Grünflächen Istanbuls innerhalb der Altstadt ist.
Ansonsten dürften die Proteste aber sicher auch symbolischen Charakter gehabt haben. Als wirkliche Schönheit würde ich den Gezi Park nun wirklich nicht zählen. Besonders der Springbrunnen in der Mitte des Rondells im Park versprüht zusammen mit den dahinter liegenden Gebäuden eher den Charme des sowjetischen Brutalismus und lädt nicht wirklich zum Verweilen ein.
Dafür ist auf den Fotos der alte Baumbestand aus der Gründerzeit des Parkes ersichtlich, der akut von der Säge bedroht ist.
Ein Blick auf den Kontostand unserer Istanbulkart ließ uns nach einer kurzen Pause weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit sprinten. Etwas nördlich auf dem oberen Plateau der Stadt befindet sich die Macka-Taskisla Seilbahn, die im ÖPNV Plan auch als TF1 markiert ist.
Die Distanz von gerade einmal 350 Metern wird von jeweils zwei Gondeln überbrückt, die hintereinander fahren. Unterhalb der Seilbahn und genau zwischen den beiden Haltestellen der Stadtteile Maçka und Taşkışla liegt im Tal ein grüner Park, der bis zum Bosporus führt.
Mit dem Blick auf die Uhr entschlossen wir uns für ein paar Fotos der Gondeln von außen, allerdings gegen eine Mitfahrt. Stattdessen liefen wir wieder nach unten in Richtung Wasser um hier eventuell den Sprung auf die asiatische Seite zu wagen.
Zwischen den Bäumen erkennt man auf dem folgenden Foto am Ende des Parks das sich noch im Bau befindliche Stadion für den Fußballverein Beşiktaş Istanbul, der momentan in der Süper Lig spielt. Das Stadion soll voraussichtlich noch dieses Jahr fertig werden und unter dem Namen Vodafone Arena eröffnen.
Am Meer angekommen, standen wir vor einer großen Entscheidung. Mit dem Blick auf die Uhr war dies die letzte Möglichkeit, einen Besuch der Hagia Sophia einzuplanen. Allerdings würde die Zeit eben auch gerade so zum Erkunden der asiatischen Seite von Istanbul reichen.
Kurzentschlossen entschieden wir uns für die Fahrt mit der S-Bahn unterhalb des Bosporus und für den Leanderturm auf der asiatischen Seite. Aus diesem Grund gibt’s im nächsten Blogpost dann alle Bilder von deren anderen Seite Istanbuls.
Istanbul – Weitere Reiseberichte
- Tag 1: Hinflug mit Turkish Airlines von München
- Tag 2.1: Blaue Moschee & Hagia Sophia
- Tag 2.2: Gülhane-Park & Ortaköy am Bosporus
- Tag 3.1: Taksim Platz & Gezi Park
- Tag 3.2: Marmaray & Leanderturm
- Tag 4: Rückflug vom Flughafen Atatürk nach München
Hi Phil,
dachte bei dem ersten Straßenbild spontan an die Lombardstreet:D
Kann es sein, daß der Dacia mittlerweile auch in Istanbul als Taxi unterwegs ist? Hatte Dir im letzten Post geschrieben, daß ein guter
Freund mal dienstlich in Istanbul war und sich auf dem Taksim Platz
nicht wirklich wohl gefühlt hat.
Zumindest auf dem Bild sieht´s doch ganz beschaulich aus, mal von
der anwesenden Polizei abgesehen.
Die Doppelkabinen-Bahn ist übrigens mal nicht von Doppelmayer sondern
von der Firma Poma in Grenoble. Also wer hat´s erfunden???
Freue mich nun auf die asiatische Seite.
LG Stefan
Volltreffer: Der Dacia ist auch in Istanbul ein beliebtes Taxi. Allerdings muss man ehrlich sagen, dass Taxis dort ziemliche Verschleißprodukte sind: Es gibt kaum eines, das nicht irgendwo einen kleinen Kampfschaden hat. Im Nachhinein würde ich es wirklich als beschaulich bezeichnen. Polizei ist ja aus Frankreich schon seit Jahren bekannt. Immer wenn ich dort war, liefen Uniformierte auch mit Maschinengewehren herum.
LG Phil
Mir passiert es auch immer, dass ich zu viel in einen Tag reinpacke und auf andere Tage schieben muss oder sprinte. ;-)
Die Gondeln sind super!
Hehe, dann kannst du ja mein Hauptproblem auf Reisen. Mittlerweile werde ich schon etwas ruhiger, da ich mir einfach sage: “Hey, dann fährste halt nochmal dort hin”. Aber unterwusst lässt sich das einfach nicht abschalten.
LG Phil
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